Erste Adventsträumerei – 28.11.2021

Erste Adventsträumerei – die erste von vielen, denn was könnten wir in einer dunklen Pandemiezeit Besseres tun als zu träumen!!

Erste Adventsträumerei: Einleitung

Erste Adventsträumerei – natürlich zum 1. Advent und natürlich viktorianisch. Es ist der Auftakt zu Weihnachtsgeschichten aus jener Zeit, als die schreibende Zunft es verstand, uns zum Träumen zu bringen. Besinnliches, Rührendes, Hoffnungsvolles, lassen wir uns verzaubern!! So war es schon angekündigt -> https://www.meineleselampe.de/englische-meistererzaehlungen/.

Der 1. Advent - viktorianisch!

Ein viktorianisches Rezept darf nicht fehlen, ebenso wenig wie Weihnachtsbräuche und Weihnachtslieder – von allem eine Prise.

Den Anfang macht der dänische Dichter und Schriftsteller Hans Christian Andersen (1805-1875), der bis heute das literarische Wahrzeichen seines Landes ist. Weltweit sind seine Kunstmärchen bekannt: „Die kleine Meerjungfrau“, „Die Schneekönigin“, „Des Kaisers neue Kleider“, „Die roten Schuhe“ und unendlich viele mehr.

Insgesamt 168 Kunstmärchen sollen es sein, ich habe sie nicht gezählt. Die traurigste Weihnachtsgeschichte, die ich kenne, ist Andersens „Das kleine Mädchen mit den Schwefelhölzern“.

Bittere Armut kannte Andersen aus seiner Jugend nur allzu gut!

(Bild rechts: Ronile/Pixabay)

Doch heute will ich nicht von der unglücklichen Kleinen sondern von „Der Tannenbaum“ erzählen, dieses Kunstmärchen wurde erstmals am 21. Dezember 1844 veröffentlicht.

Erste Adventsträumerei: „Der Tannenbaum“

Es war einmal eine kleine Tanne, die mit vielen Artgenossen im Wald stand. Ringsherum flogen und zwitscherten Vögel, die Tiere des Waldes kamen zu Besuch, Hasen sprangen über den kleinen Baum, die Sonne beschien ihn, der Regen tränkte ihn.

Adventsträumerei - die erste

Diese Freuden genügten dem kleinen Tannenbaum nicht, er wollte rasch groß werden, es konnte ihm nicht schnell genug gehen.

(Bild links: Dorena/Pixabay)

Vögel hatten dem Bäumchen erzählt, was aus den Artgenossen wurde, die die Menschen abgeholzt hatten. Denkt Euch nur: sie fuhren zur See, als Masten mit einem gebauschten Segel. Oder sie standen mit Lichtern und Geschenken geschmückt in Zimmern und die Menschen erfreuten sich an ihnen.

Endlich war die kleine Tanne genug gewachsen, denn Männer holzten sie ab und brachten sie in ein Haus.

Und es geschah, wie es sich unser Baum so sehr erhofft hatte: liebevoll wurde er von den Menschen mit Lichtern, Püppchen, vergoldeten Äpfeln, Nüssen, Feigen und allerlei festlichen Dingen geschmückt. Ein goldener Stern wurde auf die Spitze gesteckt –

Adventsträumerei - die erste

– oh, der Tannenbaum sah ganz prächtig aus und bebte vor Stolz und Aufregung so heftig, dass seine Nadeln fast Feuer gefangen hätten!!

(Bild rechts: louda 2455/Pixabay)

Gleichzeitig sehnte er sich aber nach seinem alten Platz und seinen Kameraden im Wald und er bekam davon sogar „Borkenweh“.

Endlich wurden die Kinder hereingelassen, sie tanzten um den Baum, rissen die Geschenke herunter und dann – tja, dann beachteten sie ihn nicht mehr. Der Tannenbaum begriff, dass er seine Rolle gespielt hatte. Jetzt war ein alter Mann, der den Kindern Geschichten erzählte, der Mittelpunkt des festlichen Abends.

Der Tannenbaum hörte auch zu und glaubte die Geschichte über Klumpe-Dumpe, der eine Treppe herabfiel und am Ende eine Prinzessin abbekam. Vielleicht würde es ihm ja auch so ergehen.

„Und er freute sich darauf, den nächsten Tag mit Kerzen und Spielzeug, Gold und Früchten bekleidet zu werden. Morgen will ich nicht zittern, dachte er. Ich will mich recht meiner Herrlichkeit freuen.“

Seite 381 aus „Der Tannenbaum“ (12 Seiten) in: „Andersens Märchen“, insges. 40 Märchen, 442 Seiten (incl. Nachwort des Übersetzers Albrecht Leonhardt), 243 Zeichnungen von Gerhart Kraaz, eine Ausgabe der Buchgemeinschaft, Siegbert Mohn Verlag, Gütersloh 1959.

Am nächsten Tag jedoch gab es keinerlei Herrlichkeit, es kamen die Diener und trugen unseren Tannenbaum in den hintersten und dunkelsten Winkel auf den Dachboden, wo er von nun an unbemerkt blieb.

Eine Zeitlang leisteten ihm Ratten und Mäuse Gesellschaft und ließen sich die Klumpe-Dumpe-Geschichte erzählen. Dann wurde es ihnen zu langweilig und der einsame Tannenbaum sehnte sich nach früheren Zeiten.

Eines Morgens schleppte ein Hausknecht den Baum in den Hof, wo der Sommer schon Einzug gehalten hatte. Der Tannenbaum jedoch war vertrocknet und gelb.

Adventsträumerei - die erste

Die Kinder freuten sich nun nicht mehr über seinen Anblick. Sie rissen den Goldstern ab, der noch an ihm hing, traten auf seinen verdorrten Zweigen herum und schimpften ihn hässlich.

(Bild links: manfredrichter/Pixabay)

Jetzt begriff der Tannenbaum, was er sein Leben lang falsch gemacht hatte:

„Vorbei, vorbei!“ sagte der arme Baum. „Hätte ich mich doch gefreut, als ich es konnte! Vorbei! Vorbei!“

Seite 385 aus „Der Tannenbaum“ (12 Seiten) in: „Andersens Märchen“, insges. 40 Märchen, 442 Seiten (incl. Nachwort des Übersetzers Albrecht Leonhardt), 243 Zeichnungen von Gerhart Kraaz, eine Ausgabe der Buchgemeinschaft, Siegbert Mohn Verlag, Gütersloh 1959.

Und der Hausknecht hieb ihn in kleine Stücke und verbrannte sie. Und die Geschichte des Tannenbaums, der seine Hoffnungen stets auf die Zukunft gesetzt und nie die Gegenwart genossen hatte, ist auch vorbei.

Erste Adventsträumerei: mein Fazit

Dass die Kunstmärchen des dänischen Viktorianers Hans Christian Andersen seit ihrem Erscheinen Klein und Groß bezaubern, brauche ich ja nicht hervorzuheben. Wer ist nicht mit ihnen aufgewachsen? Meine Mutter hat mir an Heilig Abend oft „Das kleine Mädchen mit den Schwefelhölzern“ vorgelesen, ich selbst verlangte danach, obwohl es mich zum Weinen brachte.

Und heute, als Erwachsene, habe ich dank „Der Tannenbaum“ eine Erkenntnis gewonnen: verschiebe Dein Hoffen, Wünschen und Sehnen nicht auf die Zukunft, lebe und erfühle den jetzigen Augenblick bewusst und wenn er schön ist, genieße ihn!!!

Hans Christian Andersen schrieb einst mit Blick auf uns Erwachsene:

„Wenn ich Märchen dichte, denke ich daran, dass ich für Kinder erzähle, aber ich vergesse nicht, dass Vater und Mutter zuhören, und sie sollen etwas zum Nachdenken haben.“

Zitat Seite 440 aus dem Nachwort von: „Andersens Märchen“, insges. 40 Märchen, 442 Seiten (incl. Nachwort des Übersetzers Albrecht Leonhardt), 243 Zeichnungen von Gerhart Kraaz, eine Ausgabe der Buchgemeinschaft, Siegbert Mohn Verlag, Gütersloh 1959.

Adventsträumerei - die erste

Advent bedeutet Ankunft und die Adventszeit ist die Wartezeit auf diese Ankunft – füllen wir sie mit gelebten Momenten.

So eine Adventszeit wünsche ich uns von Herzen!!

Erste Adventsträumerei: mein Lese-Exemplar

„Andersens Märchen“, insges. 40 Märchen, 442 Seiten (incl. Nachwort des Übersetzers Albrecht Leonhardt), 243 Zeichnungen von Gerhart Kraaz, eine Ausgabe der Buchgemeinschaft, Siegbert Mohn Verlag, Gütersloh 1959. Ein Familienerbstück sozusagen, das es leider heute nicht mehr gibt, höchstens in Antiquariaten, auf Flohmärkten, etc.!!!

Daher habe ich für alle, die noch mehr Andersen-Märchen lesen oder hören möchten, etwas herausgesucht: eine Ausgabe mit allen 168 Märchen und den Original-Illustrationen von 1846, als Taschenbuch (2021) oder auch gebunden (2020). 736 Seiten, erschienen bei Bookmundo Direct.

Erste Adventsträumerei: Quellen und Weblinks

#Anzeige: Der mit einem * gekennzeichnete Link oder ein Link, in dem das Wort Amazon auftaucht, ist ein sogenannter Affiliate Link. Als Amazon-Partner verdiene ich eine Provision, wenn über diesen Link ein Einkauf zustande kommt. Für Dich entstehen dabei keine Mehrkosten. Wo, wann und wie Du ein Produkt kaufst, bleibt natürlich Dir überlassen.

Adventsträumerei - die erste