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Buntes Osterfest: die Einleitung
Meine Leselampe bereitet Euch auf ein buntes Osterfest vor – mit einem Buchttipp, heute für Erwachsene [1], einer rührenden Legende (oder ist es die Wahrheit?) sowie einem verblüffenden Tipp zum Eierkochen (leider immer noch ohne Machbarkeitsstudie, ich traue mich einfach nicht, denn bei mir geht so etwas immer schief).
Ich hoffe, mit dieser viktorianischen Mischung möglichst vielen von Euch eine Freude und ein buntes Osterfest zu bereiten und für einen kurzen Moment von den grausigen und traurigen Realitäten um uns herum abzulenken!! Dieser Satz von 2022 stimmt leider immer noch!
Buntes Osterfest: meine Zutaten
1) Blumen
Frühlingsblumen in ihrer Farbenpracht gehören zum Osterfest ebenso wie buntgefärbte Eier, das war im viktorianischen England nicht anders.
Im 19. Jahrhundert blühten in England neue Formen der Gartengestaltungen auf und oftmals waren es Frauen, die die kreativen Wege einschlugen.
Dank des wunderschön gestalteten Buches von Editha Weber: »Gartenkünstlerinnen« durfte ich drei dieser faszinierenden Gärtnerinnen und Künstlerinnen kennenlernen: Gertrude Jekyll, die ich gleich ein wenig näher vorstelle, Vita Sackville-West (1892-1962) und Constance Spry (1886-1960), alle noch im viktorianischen Zeitalter geboren.
Mit Ausnahme von Vita Sackville-West – der Schriftstellerin, Gärtnerin und Geliebten von Virginia Wood – sind Gertrude Jekyll und Constance Spry sehr zu Unrecht in Vergessenheit geraten. Und deshalb ist es gut, dass Editha Weber das Leben dieser Ausnahme-Frauen für uns nachzeichnet und ihre Biographien anschaulich mit Fotos, Gemälden (leider nur in Schwarz-Weiß) und Zitaten ergänzt.
Gertrude Jekyll, geboren 1843, gestorben 1932, ging trotz aller Beschränkungen für Frauen schon früh ihren eigenen Weg und fand ihren Platz in der männerdominierten »Arts-and-Crafts«-Bewegung [2].
Gertrude liebte die ländliche Idylle Surreys, in der sie – wenn auch in London geboren – aufwuchs. Schon als Kind beschäftigte sie sich intensiv mit dem Wachstum, den Farben, den Düften von Pflanzen und Blumen, beobachtete sie, „lauschte“ ihnen und zeichnete sie.
In London studierte sie zwei Jahre lang Malerei und Kunst, reiste danach (1863) nach Griechenland und Rom zu den antiken Stätten.
Zurück in London, verkehrte sie fortan in Künstlerkreisen und lernte unter anderem John Ruskin und William Morris kennen. Die beiden führenden Vertreter des »Arts-and-Crafts-Movement« strebten in Zeiten der Industrialisierung und Technisierung eine Verbindung von Kunst und Natur an – unter Rückbesinnung auf alte Handwerkstraditionen und die Verwendung natürlicher Materialien.
Das sagte Gertrude Jekyll zu und sie begann zu sticken, zu modellieren, zu schmieden, zu schnitzen, zu malen, Wanddekorationen zu entwerfen. Leider sah die vielseitige Künstlerin immer schlechter. Um die Augen nicht zu überanstrengen, zog sie sich ins Landleben zurück. Hinfort widmete sie sich ihren geliebten Pflanzen und reformierte die englische Gartengestaltung: weg von den Teppichbeeten, hin zu natürlichen Pflanzungen mit Stauden und bunten Blumen, gestaffelt nach den Jahreszeiten.
Ab 1889 arbeitete Gertrude Jekyll mit dem wesentlich jüngeren und später weltberühmten Architekten Edwin Lutyens (1869-1944) zusammen: sie inspirierten sich gegenseitig. In dem die beiden Freunde Hausbau und Gartengestaltung aufeinander und mit der Landschaft, den dort vorkommenden Materialien und Böden, den Traditionen und dem jeweiligen Klima abstimmten, schufen sie grandiose Kunstwerke.
Die ganze Geschichte über Gertrude Jekyll, ob es in England heute noch von ihr angelegte Gärten gibt, was ihr Familienname mit Robert Louis Stevensons Erzählung »Der seltsame Fall von Dr. Jekyll und Mr. Hyde« zu tun hat, was Vita Sackville-West im Gartenbau und Constance Spry mit ihren Blumendekorationen (ich verrate nur: die Hochzeit von Elizabeth II.) erschaffen und geleistet haben, könnt Ihr mit großem Genuss nachlesen in:
»Gartenkünstlerinnen« von Editha Weber, 136 Seiten, erschienen 2022 in der Reihe »blue notes« bei ebersbach und simon in berlin.
2) Buns
Das englische Wort Bun bedeutet Brötchen, bezeichnet aber auch eine bestimmte Form von Haarknoten. Auf Meine Leselampe geht es um das Gebäck und zwar um die englischen »Hot Cross Buns«, die traditionell am Karfreitag gebacken und an Ostern gegessen werden. Um sie rankt sich ein trauriges Histörchen.
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts lebte im Nordosten Londons eine arme Witwe, die ihren einzigen Sohn allein und unter großen Mühen aufziehen musste. Er war ihr Ein und Alles und sie ließ ihn ungern gehen, als er zur See fahren wollte. Nahm er an den Seeschlachten des Lord Nelson gegen Napoleon teil? Manche Quellen behaupten das, andere schweigen sich darüber aus.
Wie dem auch sei, der Sohn versicherte seiner Mutter, bis Ostern wieder da zu sein und die Witwe versprach ihm, am Karfreitag ein heißes Rosinenbrötchen für ihn zu backen.
Die Frau buk das Brötchen, der Karfreitag verstrich, ohne dass der Sohn gekommen wäre. Und so ging es die folgenden Jahre weiter: die Frau bereitete das versprochene Karfreitagsbrötchen zu, der Sohn blieb aus. Niemals sollte er zurückkehren, niemals sollte sie ihn wiedersehen, obwohl sie die Hoffnung nicht verlor, ihr Versprechen bis zu ihrem Lebensende erfüllte und die gebackenen Brötchen für ihn aufhob.
1848 wurde an der Stelle der Witwen-Hütte in der Devons Road 75 eine Gastwirtschaft mit dem Namen »Widow’s Son Pub« oder auch »The Bun House« errichtet. Hier hängen in einem Netz über der Theke all die Brötchen der Witwe, jedes Jahr kommt an Karfreitag, dem »Good Friday«, eines dazu. Scheinbar gibt es im Mietvertrag eine Klausel, wonach in jedem Jahr an Karfreitag ein Brötchen gebacken und aufgehoben werden muss [3].
Viele Seeleute besuchen an diesem Tag das Pub, sogar ein Vertreter der Royal Navy nimmt offiziell an der Zeremonie teil und platziert den mitgebrachten »Hot Cross Bun«, nunmehr das traditionelle Karfreitagsgebäck in England, in dem Netz.
»Hot Cross Buns« sind würzige Hefeteigbrötchen mit Rosinen und einem aufgespritzten Kreuz aus einer Wasser-Mehl-Mischung. Ich habe ja gleich nachgesehen, ob Mrs. Isabella Beeton ein solches Rezept in ihre »Household Management«-Sammlung [4] aufgenommen hat, leider nein. Andere Bun-Rezepte hat sie schon parat, aber dieses nicht!! Macht nichts, Ihr findet genügend Variationen im Internet…
Dafür habe ich beim Weiterblättern eine verblüffende Behauptung Mrs. Beetons gelesen und zwar unter dem Stichwort (das auch meine nächste Osterfest-Zutat ist):
3) Eier
Zwischen dem Rezept Nr. 1658 »Duck’s Eggs« und dem Rezept Nr. 1659 »Fried Eggs« erwähnt Isabella Beeton die »Primitive Method Of Cooking Eggs«. Ich zitiere:
»The shepherds of Egypt had a singular manner of cooking eggs without the aid of fire. They placed them in a sling, which they turned so rapidly that the friction of the air heated them to the exact point required for use.«
Isabella Beeton, »Mrs Beeton’s Household Management«, UT: »A classic of domestic literature«, 2006, Ware, Hertfordshire.
Für diese verblüffende Methode ägyptischer Hirten, Eier ohne Feuer zu kochen, indem sie sie in einer Schlinge so lange herumwirbelten, bis sie den gewünschten Gar-Punkt hatten, habe ich bisher keine Bestätigung gefunden. Klar, durch den manuell erzeugten Luftwiderstand kommt es zur Reibung und Hitze entsteht, aber reicht die zum Eier-Kochen aus??
Gefunden habe ich lediglich Rezepte, wie man Goldene Eier erzeugt: man wirbelt rohe Eier in einem Strumpf herum (eins nach dem anderen, nicht alle zusammen), Eiweiß und Eigelb vermischen sich und nach dem Kochen kann die ambitionierte Gastgeberin zum Osterfrühstück goldene Eier kredenzen. Sachen gibt es!!!
Buntes Osterfest: gute Wünsche
Danke für Euer Interesse, schön, dass Ihr Euch die Zeit genommen habt, vorbeizuschauen, in der Karwoche vor dem Osterfest gibt es ja immer viel zu tun.
Morgen ist in England übrigens »Maundy Thursday« und verdiente BürgerInnen erhalten »Maundy Money«, das die Monarchen früher an die Armen verteilten [5]. Eine nette Geste am Gründonnerstag!!
Jetzt verabschiede ich mich und wünsche Euch ein frohes, gesundes, buntes und der Welt ein friedliches Osterfest.
Wir lesen uns im April wieder… Hoffentlich!
Buntes Osterfest: last but not least Quellen und Weblinks
- [1] der Meine Leselampe-Kinderbuchtipp für Ostern -> https://www.meineleselampe.de/geschichte-vom-kleinen-schweinchen-robinson/
- [2] über die englische »Arts-and-Crafts«-Bewegung -> https://de.wikipedia.org/wiki/Arts_and_Crafts_Movement
- [3] über die Devons Road -> https://hidden-london.com/gazetteer/devons-road/. Siehe dazu auch den Artikel im Londoner »Romford Recorder« vom 2.4.2013: https://www.romfordrecorder.co.uk/lifestyle/another-hot-cross-bun-hung-up-for-widow-s-son-2948024/
- [4] hier findet Ihr Mrs. Beeton auf Meine Leselampe (zumindest mal den ersten Beitrag) -> https://www.meineleselampe.de/mrs-beeton-biographie/
- [5] alles über den »Maundy Thursday« -> https://en.wikipedia.org/wiki/Royal_Maundy
Buntes Osterfest – dieser Beitrag wurde erstmals am 14. April 2022 veröffentlicht und überarbeitet nochmals am 27. März 2024.