„Jane Austen“ – Einleitung

Immer wieder gibt es über Leben und Werk der Schriftsteller:innen längst vergangener Zeiten neue Erkenntnisse. Grund genug, von Zeit zu Zeit eine aktuellere Biographie zur Hand zu nehmen. Kürzlich bin ich auf Felicitas von Lovenbergs Jane-Austen-Porträt gestoßen, es ist zwar auch schon ein paar Jahre alt, hat mir aber neue Erkenntnisse gebracht.

Jane Austen (1775-1817) gehört zeitlich zwar ins Regency, zu den „Georgianern“ und nicht zu den „Viktorianern“, sie hat aber maßgeblich dem realistischen und psychologischen Gesellschaftsroman der viktorianischen Epoche den Boden bereitet. Daher möchte ich sie auf „Meine Leselampe“ vorstellen.

Richtiger ausgedrückt: ich lasse das Felicitas von Lovenberg tun, die in ihrem Porträt „Jane Austen“ mit altbekannten und aktuellen Erkenntnissen, neuen Interpretationsansätzen sowie einigen Richtigstellungen aufwartet.

„Jane Austen“ – Inhalt

  • Jane Austen zählt zusammen mit J. K. Rowling („Harry Potter“) zu den weltweit am meisten gelesenen Schriftstellerinnen.
  • Jane Austen war eine gebildete und pragmatische Frau, als Schriftstellerin jedoch nicht genial oder magisch.
  • Jane Austen schrieb nur über die Gesellschaftsschicht, die sie kannte und in der sie lebte. Ihre Romane sind nicht abgehoben und gut lesbar. Die Liebe und die Vernunft wertet Austen als gleichrangig.
  • Jane Austen erhielt nur einen (sicher verbürgten) Heiratsantrag, den sie letztendlich wohl aus Vernunftgründen ablehnte. Ob sie jemals wirklich verliebt war (Tom Lefroy oder ein namentlich nicht bekannter Mann aus Bath) oder nur geflirtet hat, ist nicht zu ermitteln.
  • Jane Austen fügte sich in ihr Schicksal als unverheiratete, nicht vermögende Pfarrerstochter aus Hampshire, die zeitlebens von der Fürsorge ihrer Familie abhängig war – ihre unbefriedigende Lebenssituation und ihre unerfüllten Sehnsüchte kompensierte sie in ihren Romanen.
  • Jane Austen achtete die Konventionen ihrer Zeit, ohne brav und angepasst zu sein. Sie konnte temperamentvoll, aufbegehrend, kritisch und manchmal recht bissig sein.
  • Jane Austen veröffentlichte ihre Werke anonym. Ihr Name wurde erst Jahrzehnte nach ihrem Tod richtig populär – nämlich beim viktorianischen Publikum.
  • Jane Austen hatte zu Lebzeiten immerhin einen – wenn auch überschaubaren – sehr erlesenen Leserkreis, der Prinzregent ließ sich von der Schriftstellerin das Buch „Emma“ signieren.

Das sind nur einige der Fakten und Thesen über die Regency-Schriftstellerin, die Felicitas von Lovenberg in ihrem Porträt „Jane Austen“ zusammengetragen hat, ergänzt mit Szenenfotos aus dem Film „Geliebte Jane“ und kurzen Beschreibungen und literarischen Einordnungen der sechs wichtigsten Romane Austens.

Ich glaube, Felicitas von Lovenberg möchte das Bild Jane Austens, das in den vergangenen Jahren durch idealisierende Verfilmungen und Buchcover romantisiert und verfälscht wurde, wieder zurecht rücken und deren wahre Intentionen zeigen. Am Ende ihres Porträts stellt von Lovenberg nämlich die These auf, dass die heutigen Leser:innen Jane Austens Aussagen meist nicht richtig verstehen und bewerten.

„…Die Ironie dieser Situation hätte sie (Austen) amüsiert. Und sie hätte einen großartigen Roman über Menschen geschrieben, die in den Büchern nur das finden, was sie sehen wollen, und sich so aus den falschen Gründen in die richtige Autorin verlieben.“

(Seite 92, Felicitas von Lovenberg, „Jane Austen“, 2007, Insel Verlag)

Es ist gut 30 Jahre her, dass ich Jane Austens Romane gelesen habe und vermutlich habe ich auch eine andere Gefühlswelt hinein interpretiert als die Autorin beabsichtigte. Finde ich nicht so schlimm, dass ich mich aus falschen Gründen in Jane Austens Werke „verliebt“ habe…..ich lese alle Romane einfach noch einmal!!!

„Jane Austen“ – Fazit

Felicitas von Lovenberg hat mit ihrem Porträt „Jane Austen“ ein Werk geschaffen, das Newcomern Lust macht, Jane Austen kennenzulernen oder alte Hasen veranlasst, Austens Romane unter den neu gewonnenen Aspekten noch einmal zu lesen. Ein Buch sowohl zum Einstieg als auch zur Auffrischung!

Die lockere und zugleich atmosphärisch-dichte Erzählweise der Autorin, die Ergänzung mit den Szenenfotos aus dem amerikanisch-britischen Film „Becoming Jane“ („Geliebte Jane“) von 2007 macht den kleinen Taschenbuch-Band zu einem großen Lese-Vergnügen.

„Jane Austen“ – Anregungen

„Geliebte Jane“ gibt es als Prime Video, Blue Ray und DVD. Der Film wurde als Film-Biografie postuliert, ist aber zu großen Teilen fiktiv.

Falls Ihr mehr Publikationen der Literaturkritikerin, Journalistin und Verlegerin Felicitas von Lovenberg lesen möchtet, empfehle ich Euch ihr Essay „Verliebe dich oft, verlobe dich selten, heirate nie. Die Sehnsucht nach der romantischen Liebe“ (erschienen 2005 bei Droemer) oder „Und plötzlich war ich zu sechst. Aus dem Leben einer ganz normalen Patchwork-Familie“ (2014 im Fischer-Verlag) und „Gebrauchsanweisung fürs Lesen“ (Piper-Verlag 2018).

Und noch schnell ein Blick auf die Romane von Jane Austen mit dem jeweiligen Erscheinungsjahr, verfasst und überarbeitet hatte sie ihre Werke meist einige Jahre früher:

„Verstand und Gefühl“ („Sense and Sensibility“) / 1811, „Stolz und Vorurteil“ („Pride and Prejudice“) / 1813, „Mansfield Park“ / 1814, „Emma“ / 1816, „Die Abtei von Northanger“ („Northanger Abbey“) / 1817 und „Anne Elliot“ („Persuasion“) / 1817.

Der Briefroman „Lady Susan“ oder Roman-Fragmente wie „Die Watsons“ oder „Sanditon“ wurden erst Jahrzehnte nach Jane Austens Tod veröffentlicht (Näheres dazu in Felicitas von Lovenbergs „Jane Austen“).

„Jane Austen“ – mein Lese-Exemplar

Felicitas von Lovenberg, „Jane Austen“, Ein Porträt, 92 Seiten, erschienen 2007 im Insel Verlag Frankfurt am Main und Leipzig.

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