»Kaffee – 35 Kulturgeschichten für Genießer«: eine kleines Vorwort

Kaffee – er ist weltweit und seit Jahrhunderten ein Stück Lebensqualität. Diese Maxime galt und gilt sogar für die Nation der Teeliebhaber: für England. Wer hätte gedacht, dass es dort schon im 17. Jahrhundert die ersten Kaffeehäuser gab, die, ähnlich den Herren-Clubs, nach Bevölkerungsschichten aufgeteilt waren?

In den »Coffee-Shops« der bessergestellten und den »Coffee-Stalls« der einfacheren Schichten wurde nicht nur Kaffee getrunken. Nein, hierher wurden Briefe zugestellt, hier wurden Zeitungen gelesen und geschrieben, sogar Versicherungen abgeschlossen. Und hier wurde geklatscht, getratscht und über Politik diskutiert – letzteres anscheinend wild und laut, so dass 1675 die englischen Kaffeehäuser verboten wurden. Diese Proklamation hatte nur einige Tage Bestand, denn die Proteste dagegen müssen ebenfalls wild und laut gewesen sein [1] .

Solche und andere Geschichten rund um den Kaffee, die Rezepte und die Menschen, die ihn trinken (wie der französische viktorianische Schriftsteller Honoré de Balzac [2]), gibt es europaweit und Thomas Stiegler ist ihnen nachgegangen.

Jetzt im Juni erscheint sein Buch: »Kaffee – 35 Kulturgeschichten für Genießer« im Leiermann-Verlag (natürlich mit leckeren Kaffeerezepten!) und ich möchte ihn und sein Werk gern vorstellen.

(Bild rechts wurde vom Leiermann-Verlag zur Verfügung gestellt)

Kaffee – 35 Kulturgeschichten für Genießer

»Kaffee – 35 Kulturgeschichten für Genießer«: der Autor

Thomas Stiegler ist Autor und Unternehmer und beschäftigt sich seit 35 Jahren mit der europäischen Kulturgeschichte. Geboren und aufgewachsen in der Steiermark/Österreich absolvierte er ein Studium der Klassischen Gitarre und war lange Jahre als Konzertmusiker und Lehrer tätig.

Vor fünf Jahren krempelte Thomas Stiegler sein Leben vollständig um, stellte die Gitarre in die Ecke und beschloss, sich fortan der Verbreitung und Vermittlung unserer Kulturgeschichte zu widmen. Dazu hat er mittlerweile sechs Bücher verfasst – sein neuestes Werk ist »Kaffee – 35 Kulturgeschichten für Genießer« – und hat eine online-Plattform https://www.blog.der-leiermann.com/ sowie einen Buchverlag https://www.verlag.der-leiermann.com/ gegründet.

In all seinen Büchern nimmt Thomas Stiegler uns mit auf eine Reise durch Europa und erzählt Geschichten, in denen auf jeder Seite seine Liebe für und seine Achtung vor unserer Kulturgeschichte spürbar werden.

Kaffee – 35 Kulturgeschichten für Geniesser

Thomas Stiegler verbringt seine knapp bemessene Freizeit lesend, mit dem Besuch kultureller Veranstaltungen oder in Museen.

(Bild links: vom Leiermann-Verlag zur Verfügung gestellt)

Zum körperlichen Ausgleich zieht es ihn in die Berge und da er am Rande einer kleinen Stadt in Oberösterreich lebt, hat er es nicht allzu weit, kann ab und zu Höhenluft schnuppern und den Kopf freibekommen. Da Stuttgart, wo wiederum ich wohne, leider recht weit entfernt von Thomas Stieglers Heimat ist, habe ich ihn einfach per Internet interviewt.

»Kaffee – 35 Kulturgeschichten für Genießer«: das Interview

Ch. Wilms: »Verlieren wir den Sinn für das Schöne und Wahre in der Welt?« – Thomas, diese Frage hast Du mal in den Social-Media-Kanälen gestellt – gab dieser Gedanke den Ausschlag für Dich, 2019 den Blog und den Verlag Der Leiermann zu gründen?

Th. Stiegler: Zu einem wichtigen Teil ja. Allerdings würde ich diesen Satz von einer höheren Warte aus betrachten, nicht nur als Mensch, der Kunst und Kultur genießen kann, sondern als Mensch, dem gewisse Werte und Überzeugungen wichtig sind: Wenn wir unsere Geschichte betrachten, dann sehen wir, dass sich nach vielen Kämpfen und geistigen Kriegen gewisse Ansichten über das Leben durchgesetzt haben. Damit meine ich solche Dinge wie unsere fortschrittliche Demokratie, die Gleichberechtigung der Geschlechter oder auch die Erklärung der Menschenrechte.

Das sind alles Überzeugungen, die nicht naturgegeben sind (auch wenn sie uns heute oft so vorkommen), sondern die in einem bestimmten geistigen Umfeld entstanden sind und auch nur in einem bestimmten geistigen Umfeld Bestand haben können. Neil Postman hat das in einem Buch über die Aufklärung sehr gut beschrieben: Dass es bestimmte historische Vorgänge brauchte, damit sich unsere Werte entwickelten. Und, wie ich meine, braucht es auch bestimmte Dinge, damit sie Bestand haben.

Und damit schließt sich in meinen Augen der Kreis zum »Sinn fürs Wahre und Schöne«. Denn nirgends zeigt sich unsere Kultur unverhüllter und stärker als in ihren Kunstwerken und geistigen Schöpfungen und über keinen Weg kann man Menschen so für diese Welt und Werte begeistern als über Literatur und Kunst.

Ch. Wilms: Bevor wir weiter über Deinen Blog plaudern, möchte ich mit Dir über eine Deiner großen Leidenschaften, die Bücher, sprechen…

Th. Stiegler: Seitdem ich denken kann, lese ich, und ich kann mir ein Leben ohne den Kontakt zu Büchern gar nicht vorstellen. Ich weiß sogar noch, wie ich mein erstes eigenes Buch in der Hand halten durfte (es war ein rotes Märchenbuch in Schreibschrift) und wie mich die Möglichkeit überwältigt hat, alles zu lesen, was es gibt. Natürlich wird man im Laufe des Lebens etwas realistischer und ist gezwungen, die Bücher gut auszuwählen, die man in sein Leben lässt. Aber nach wie vor nehme ich jedes Buch in die Hand, das ich irgendwo sehe, und wenn es mich anspricht, dann lese ich es auch.

Ch. Wilms: Was unterscheidet den Leiermann von anderen Kulturblogs? Mir fiel beim ersten Besuch sofort die harmonische Vielfalt auf.

Th. Stiegler: Was uns sicher unterscheidet, ist die von Dir genannte Vielseitigkeit. Das hat aber weniger mit Eitelkeit oder dem Wunsch zu tun, andere zu übertrumpfen, sondern hat einen ganz anderen Grund. Dazu muss ich aber etwas ausholen. Heute wird ja oft behauptet, dass z.B. Goethe alt und verstaubt ist und uns nichts mehr zu sagen hat – was meiner Meinung nach ein fundamentaler Irrtum ist! Denn nicht Goethe hat sich gewandelt, sondern wir und unser Verständnis von Literatur. Seine Bücher zählen ja nicht ohne Grund zu den bedeutendsten Werken der Weltliteratur, und er und andere haben in ihren Büchern Dinge gesagt, die auch heute noch gültig sind – und das in zeitlos gültiger Form. Nur haben wir leider verlernt, ihn zu verstehen.

Das hat vor allem damit zu tun, dass uns seine Zeit so fremd geworden ist. Um ihn jetzt aber für uns fruchtbar zu machen, muss man zwei Dinge schaffen – einerseits seine Worte im Kontext seiner Zeit verstehen, andererseits sie in unsere Zeit und für uns persönlich übersetzen. Und für das Erste ist der Leiermann gedacht.

Wir versuchen, zu jedem Kunstwerk einen möglichst breiten Hintergrund zu geben, die Geschichte der Zeit aufzuschreiben, die vorherrschenden Gedanken der Zeit zu zeigen und den Lesern damit die Möglichkeit zu geben, die Kunstwerke zu entschlüsseln und den größten »Gewinn« daraus zu ziehen.

Oder, um noch ein Beispiel zu nennen – die Welt der klassischen Musik: Heute hört man ja fast nur noch das begleitete Strophenlied in seiner einfachsten Ausformung. Sonaten, Suiten oder andere Formen der Musik werden dagegen nur noch von einem kleinen Kreis an Liebhabern gehört. Dabei würden sie jeden von uns viel tiefer berühren als die sogenannte »Popmusik«, wenn man sich einmal die Zeit nähme, die Sprache der Musik zu erlernen, zu lernen, wie hier Gedanken und Gefühle ausgedrückt werden, und sich dann darauf einzulassen. Und auch das versuchen wir in unseren Beiträgen.

Ch. Wilms: Wie bist Du auf den Namen des Blogs gekommen: Leiermann?

Th. Stiegler: Für mich sind Namen sehr wichtig und ich habe wirklich sehr lange mit mir gerungen, bis ich den richtigen gefunden habe. Und der Name kommt wirklich aus dem bekannten Schubert Zyklus »Die Winterreise«. Damals erschien es mir sehr passend, denn ich habe den Leiermann nur als Blog und ganz alleine begonnen, und wie Schuberts Figur kam es mir so vor, als würde ich »einsam drüben hinterm Dorfe« stehen und auf sehr dünnem Eise mit meinem Lied beginnen.

Ch. Wilms: Wie schaffst Du es, mit den vielen und unterschiedlichen AutorInnen und einer solchen kulturellen Themen-Bandbreite ein so einheitliches Erscheinungsbild zu kreieren?

Th. Stiegler: Ich glaube, zu einem großen Teil habe ich einfach Glück, so viele interessante und intelligente Menschen getroffen zu haben, die für dieselben Themen brennen und die gleich stark wie ich an die Macht und den Zauber der europäischen Kulturgeschichte glauben. Und wenn man ein gemeinsames Ziel hat, dann ergibt sich der Rest meist von selbst.

Ch. Wilms: Du hast auch eine Plattform für Podcasts und Videos gegründet, es gibt die Seite der Stadtschreiber und mit Der kleine Leiermann nun eine eigene Seite für Kinder und Jugendliche.

Th. Stiegler: Den Bereich mit den Videos und Podcasts zur europäischen Kulturgeschichte gibt es schon etwas länger, allerdings ist es dort noch etwas ruhig. Die Schuld liegt dabei ganz allein bei mir und daran, dass wir bisher zu wenig Zeit dafür gefunden haben. Aber unser Kinderprojekt, das liegt mir sehr am Herzen. Ich bin ja der Meinung (auch wenn ich vielleicht dem einen oder anderen auf die Füße trete), dass hier viel zu wenig getan wird.

Man sieht weder auf die neuesten Forschungen aus dem Bereich der Gehirnforschung noch ist man bereit, wenigstens einige schon lange bekannte Erkenntnisse davon umzusetzen. So ist es etwa schon lange bewiesen, wie wichtig klassische Musik für den Geist der jungen Menschen ist und wie wichtig es wäre, ein Instrument zu spielen. Aber ich glaube, darüber können andere weit profunder und ausführlicher sprechen.

Mir ist nur wichtig, selbst einen kleinen Beitrag zu leisten, damit sich hier etwas ändert. Irgendwo habe ich einmal gelesen, dass jemand, der einen Fehler sieht und nichts dagegen tut genauso schuld ist, wie der, der den Fehler macht. Und so versuchen wir Kindern und Jugendlichen (und vor allem auch den Eltern) einen modernen und klugen Zugang zur Welt der Kunst und Kultur zu bieten.

Kaffee – 35 Kulturgeschichten für Genießer

Ch. Wilms: Parallel zum Blog hast Du den Leiermann-Verlag ins Leben gerufen und gibst kulturgeschichtliche Sammelbände und Bücher heraus.

Th. Stiegler: Auch das ist mehr oder weniger zufällig entstanden. Damals hatte ich schon zwei meiner eigenen Bücher verlegt und die ersten Autorinnen und Autoren haben am Blog mitgeschrieben. Darunter auch Anja Weinberger, die damals noch in erster Linie über Flötenmusik geschrieben hat (mittlerweile hat sich ihr Interessenskreis stark ausgeweitet – ich denke hier an ihr Buch Frauengeschichten -> https://www.verlag.der-leiermann.com/frauengeschichten-kulturgeschichten-aus-musik-und-kunst/ ). Und natürlich wollte ich auch diese Geschichten verlegen, da sie damit genau das gemacht hatte, was ich vorher angesprochen habe – ein Einblick in die Musik, damit man sie weit besser versteht und genießen kann.

Dann hatte ich das große Glück, unsere jetzige Lektorin Andrea Strobl kennenzulernen. In langen Gesprächen hat sich dann herauskristallisiert, dass wir dieselben Ziele haben – Kunst und Kultur so darzustellen, dass die Themen nicht ältlich und »verzopft« daherkommen, sondern in modernem Gewand und in einer Sprache, die den Leser unterhält, gefangen nimmt und auf eine kulturelle Reise mitnimmt …

Dabei konzentrieren wir uns bei jedem Buch immer auf ein bestimmtes Thema. Mir gefällt (um wieder einmal etwas auszuholen) die Idee eines »Europa der Regionen« sehr gut. Ich weiß nicht, ob das heute noch so bekannt ist, aber das ist ein EU-Projekt, in dem man von den Regionen ausgehend Europa beschreibt. Und so ähnlich sind unsere Bücher gedacht – über Themen wie die Sommerfrische -> https://www.verlag.der-leiermann.com/altweibersommer-kulturgeschichten-zum-herbst/, den Altweibersommer -> https://www.verlag.der-leiermann.com/altweibersommer-kulturgeschichten-zum-herbst/oder Gruselige Kulturgeschichten -> https://www.verlag.der-leiermann.com/schaurige-kg/ gelingt es uns ein Stück weit, Interesse an den Themen zu wecken und damit auch Interesse an der »großen Geschichte« dahinter.

Um den Lesern wirklich einen ganzheitlichen Zugang zu den Themen zu bieten, ist jedes Kapitel unserer Sammelbände mit einem QR-Code versehen, über den man auf unsere Website kommt und passend zu jedem Kapitel weitere Texte, Bilder, Musik und vieles mehr erhält.

Ch. Wilms: Wie finanzierst Du all diese Projekte, denn selbst große Verlage kämpfen ja um Leserschaft und zum Teil sogar ums Überleben?

Th. Stiegler: Das ist eine gute Frage, und um ehrlich zu sein – manchmal weiß ich es selbst nicht. Wir leben sozusagen »von der Hand in dem Mund«, und im Augenblick retten wir uns noch von Monat zu Monat. Zum Glück gibt es immer wieder Leserinnen und Leser, die nicht nur unserer Bücher kaufen, sondern die unser Projekt auch so wichtig finden, dass sie uns unterstützen. Und damit konnten wir bis heute überleben.

Ch. Wilms: Herzlichen Dank, Thomas Stiegler, für den Einblick in Deine Arbeit, Deine Visionen und Deine Ziele.

»Kaffee – 35 Kulturgeschichten für Genießer«: Bezugsquellen (Werbung)

Wenn Ihr den Leiermann-Verlag unterstützen möchtet, bestellt doch einfach das neue Buch Thomas Stieglers: »Kaffee – 35 Kulturgeschichten für Genießer« online beim Leiermann Shop der unabhängigen Verlage unter folgendem Link ->

Kaffee – 35 Kulturgeschichten für Geniesser

https://www.shop.der-leiermann.com/produkt-kategorie/essen-und-trinken/

(Bild links: vom Leiermann-Verlag zur Verfügung gestellt)

»Kaffee – 35 Kulturgeschichten für Genießer«: und sooo viele Themen mehr!

Eine Übersicht über alle Bücher des Leiermann-Verlags von »Antike in Österreich« über »Frauengeschichten», von Kultur- und Kalender-Sammelbänden bis hin zur »Weihnachtsbäckerei« und vielen mehr findet Ihr unter https://www.verlag.der-leiermann.com/buecher/ und im Online Shop (s.o.), wo Ihr sie bestellen könnt -> https://www.shop.der-leiermann.com/#

Oder Ihr werdet Mitglied im Leiermann-Buchclub und genießt viele Vorteile…

(Bild rechts: vom Leiermann-Verlag zur Verfügung gestellt)

Kulturgeschichten rund ums Spiel / November 2023

Ihr findet Thomas Stiegler und die Bücher des Leiermann-Verlages auch auf Amazon:

Artikel über einige Sammelbände des Leiermann-Verlages, bei denen ich als Autorin mitwirken durfte, findet Ihr auch auf Meine Leselampe: -> https://www.meineleselampe.de/sommerfrische-kulturgeschichten-aus-vergang/, -> https://www.meineleselampe.de/buchtitel/kalendergeschichten-mit-dem-leiermann-durchs-jahr-2023/, -> https://www.meineleselampe.de/kulturgeschichten-rund-ums-spiel-november-23/, -> https://www.meineleselampe.de/schaurige-kulturgeschichten-2023/, -> https://www.meineleselampe.de/buchtitel/weihnachtliche-kulturgeschichten-ein-streifzug-durch-europa/

»Kaffee – 35 Kulturgeschichten für Genießer«: Quellen

[1] Vgl. Coffeeshop-Magazin, Kaffeehäuser im 17. und 18. Jhd. in England, 14.09.2020, online: https://www.coffeeshop-magazin.de/kaffeehaeuser-im-17-und-18-jhd-in-england-37910 [05.07.2024]

[2] Vgl. Stiegler, Thomas, Kaffee – 35 Kulturgeschichten für Genießer, Griesbach, 2024.

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Kaffee – 35 Kulturgeschichten für Genießer