»Doktor Doyle jagt Jack The Ripper« – Bradley Harper (2024)

von | 20.11.2024 | Buchvorstellung

»Doktor Doyle jagt Jack The Ripper« – so etwas wie ein Vorwort

»Doktor Doyle jagt Jack The Ripper« – Untertitel: Ein viktorianischer Krimi mit Margaret Harkness und Arthur Conan Doyle.

Titel und Untertitel klingen vielversprechend und Arthur Conan Doyle und Jack The Ripper sind mir durchaus bekannt, aber wer bitte ist, bzw. war, Margaret Harkness [1]? Nicht nur diese Frage wurde mir in den ausführlichen Anhängen beantwortet, die den Krimi ergänzen. Ich konnte auch zusätzliche Informationen über Dr. (erst später kam der Sir dazu) Arthur Conan Doyle und seine Sherlock-Holmes-Krimis gewinnen sowie den schottischen Chirurgen Prof. Dr. Joseph Bell [2], das Vorbild des klug deduzierenden Sherlocks, kennenlernen.

Dazu gesellen sich in der ansonsten fiktiven Kriminal-Story reale Fakten aus dem Leben, wie es im England des 19. Jahrhunderts war, die sie perfekt abrunden.

Ich konnte etwas lernen und wurde zudem sehr gut unterhalten… Daher schon vorab ein großes Dankeschön an den Autor Bradley Harper, die Übersetzerin Dorothee Schröder und an den Dryas Verlag, der dieses Buch in Deutschland herausgebracht hat.

Doktor Doyle jagt Jack The Ripper

Ich denke, alle, die bei dem Namen Jack The Ripper einen Krimi erwarten, in dem Blut und Innereien aus jeder Zeile tropfen, werden es nach meinem Vorwort erahnen: Bradley Harper setzt keinesfalls auf reißerische Sensationslust, sondern auf intelligent aufgebaute Spannung! Was mir sehr gefällt!

»Doktor Doyle jagt Jack The Ripper« – zum Krimi selbst

Herbst 1888: Dr. Arthur Conan Doyle praktiziert im britischen Portsmouth als Hausarzt, erwartet mit seiner Ehefrau Louise das erste Kind und hat vor zwei Jahren den Krimi » Eine Studie in Scharlachrot« veröffentlicht, in dem ein Detektiv namens Sherlock Holmes ermittelt. Ein behagliches, sicheres und ruhiges Leben.

Das ändert sich schlagartig, als Doyle eine Nachricht vom früheren Premierminister William Gladstone überbracht wird, die ihn nach London beordert. Die Rede ist von einer Beratertätigkeit und zehn Pfund für die Reisekosten liegen dem Schreiben bei. Im Glauben, Gladstone brauche seine medizinische Unterstützung und als werdender Vater erfreut über den Geldschein, macht Doyle sich auf den Weg in die britische Hauptstadt.

Hier wird er vom Privatsekretär Gladstones empfangen, einem gewissen Jonathan Wilkins, und erfährt, dass es sich keineswegs um eine medizinische Angelegenheit handelt. Doyle soll einen Monat lang die Polizei bei den Ermittlungen über die grausamen Morde an Prostituierten im Elendsviertel Whitechapel im East End unterstützen.

Wilkins hat »Eine Studie in Scharlachrot« gelesen und glaubt nun, dass Doyle die gleichen wissenschaftlichen und analytischen Fähigkeiten wie sein fiktiver Detektiv Sherlock Holmes besitzt und auf diese Weise zur Aufklärung des Falls beitragen kann.

»Doktor Doyle jagt Jack The Ripper« – Bradley Harper (2024)

Doyle möchte diesen Auftrag nicht annehmen, denn er weiß, dass er, Arzt und Schriftsteller, nicht über detektivischen Spürsinn verfügt:

» […] ich bin nicht Sherlock Holmes. Er ist eine fiktive Figur mit Kenntnissen und Fähigkeiten, die ich nicht besitze. Meine Inspiration für diese Person ist mein alter Professor für Chirurgie, Joseph Bell. Obwohl ich seine Methoden sorgfältig studiert habe, fehlen mir sein scharfer Verstand und seine Fähigkeit, vom Kleinen auf das Große zu schließen.«

Harper, Bradley, Doktor Doyle jagt Jack The Ripper, Hamburg, 2024, S. 17.

Da Doyle ohne Bell nicht an dem Fall arbeiten will, fragt Wilkins zusätzlich Professor Joseph Bell an, der sich zu Doyles Überraschung bereit erklärt, bei der Aufklärung der Mordfälle mitzumachen. Und er stellt den beiden Miss Margaret Harkness, eine ebenso wehrhafte wie gebildete Journalistin und Schriftstellerin, als Führerin durch das East End zur Seite. Sie kennt sich dort aus, lebt sie doch in Whitechapel, um die Lage der Armen zu recherchieren. Getarnt als Mann und mit einem Revolver bewaffnet, durchstreift sie die dunklen und gefährlichen Straßen und Winkel, in denen unvorstellbares Elend herrscht:

» Unter den verschiedenen Elendsvierteln war Whitechapel aufgrund der stärksten Überbevölkerung und der höchsten Sterblichkeitsrate das schlimmste. […] Die meisten Einwohner übernachteten in Obdachlosenunterkünften mit unterschiedlichen Preisen. […] Für zwei Pence konnte man sich an eine Wand lehnen, ein Seil über den Körper gespannt, um aufrecht stehenzubleiben und zu schlafen, so gut es eben ging. […] Diejenigen, die sich nicht einmal diese dürftigen Unterkünfte leisten konnten, verbrachten ihre Nächte damit, durch die Straßen zu ziehen, um sich warmzuhalten, und schließlich in Hauseingängen oder Treppenhäusern zu schlafen, wenn die Erschöpfung sie überkam.»

Harper, Bradley, Doktor Doyle jagt Jack The Ripper, Hamburg, 2024, S. 24/25.

Tag und Nacht drängen sich so viele Menschen auf den Straßen Whitechapels –

Doktor Doyle jagt Jack The Ripper

– wie kann da jemand in der Öffentlichkeit unbemerkt morden?

Nun, Jack The Ripper, anfangs von der Öffentlichkeit »Lederschürze« genannt, kann es!

Die drei Musketiere – als die sich Doyle, Bell und Harkness bald empfinden – beginnen ihre Jagd auf Jack The Ripper. Doch der ist ihnen, Inspector Abberline und der Metropolitan Police stets einen Schritt voraus, mordet weiter und verhöhnt seine Verfolger. Als sie begreifen, hinter welcher Maske sich Jack The Ripper verbirgt, geraten Doyle, Bell und Harkness in Lebensgefahr.

»Doktor Doyle jagt Jack The Ripper« – mein Fazit

Ein spannend und klug geschriebener Krimi, der die Problematik und Persönlichkeiten jener Zeit geschickt mit fiktiven Handlungssträngen verquickt und so eine beklemmende Authentizität schafft.

Arthur Conan Doyle fungiert in »Doktor Doyle jagt Jack The Ripper« sozusagen als Dr. Watson, während Joseph Bell den Sherlock Holmes gibt; er war – wie eingangs schon erwähnt – tatsächlich Doyles Vorbild für den großen Meisterdetektiv. Und Doyle hat im wahren Leben wie im Buch bei ihm in Edinburgh studiert.

Doktor Doyle jagt Jack The Ripper

Margaret Harkness, sozial und sozialistisch engagierte Schriftstellerin und Journalistin, hatte mit der Fahndung nach Jack The Ripper selbst nichts zu tun. Aber ich denke, sie ist für den Autor Bradley Harper eine wichtige Figur, die auf die benachteiligte und missliche Rolle der Frau im ausgehenden 19. Jahrhundert aufmerksam macht. Und durch ihre Augen lässt er uns das soziale Elend auf den Straßen des East End mitempfinden.

Inspector Frederick George Abberline war damals leitender Detective im Jack-The-Ripper-Fall. Und die Schriftsteller Mark Twain und Oscar Wilde, die kurze »Gastauftritte« haben, gab es auch.

Ebenso real wie die Personen waren viele der Themen, die Bradley Harper in seinen Krimi-Plot knüpft: die Rolle der jüdischen Einwanderer, die schnell und gern verdächtigt und angegriffen wurden; die störende Sensationsgier und -jagd der Presse; das manchmal schlampige Vorgehen an Tatorten oder die hinderlichen Kompetenzrangeleien zwischen den Polizeistationen und -behörden – all das war in jener Zeit so.

Autor Bradley Harper, pensionierter Colonel und ehemaliger Pathologe der US-Armee, lässt sein medizinisches und forensisches Wissen mit einfließen – vielleicht macht das ja die Beschreibung der im wahrsten Sinne des Wortes hingeschlachteten Frauen eher sachlich denn blutrünstig.

»Doktor Doyle jagt Jack The Ripper« – Bradley Harper (2024)

Noch kurz eine Bemerkung zur Einordnung dieses viktorianischen Krimis als neoviktorianischer Krimi hier auf Meine Leselampe: die Geschichte spielt zwar im 19. Jahrhundert, wird jedoch von einem Schriftsteller des 20./21. Jahrhunderts erzählt [3]. Daher läuft »Doktor Doyle jagt Jack The Ripper« bei mir als neoviktorianisch, bitte nicht verwirren lassen!

»Doktor Doyle jagt Jack The Ripper« – Quellen und Weblinks

[1] Wer war Margaret Harkness? -> Victorian Secrets, Margaret Harkness (1854-1923), online: https://victoriansecrets.co.uk/authors/margaret-harkness/ [18.11.2024]. Auch lohnenswert -> the harkives, An open-access digital archive of sources, online: https://theharkives.wordpress.com/ [18.11.2024] sowie Flore Janssens Essay über die »sozialistische Autorin« Margaret Harkness und ihr Werk »In darkest London« (1889) in: Literary London Society, online: http://literarylondon.org/london-fictions/harkness-in-darkest-london-1889/ [18.11.2024]

[2] Wer war Prof. Dr. Bell? -> The Arthur Conan Doyle Encyclopedia, Joseph Bell, 23.2.2020, online: https://www.arthur-conan-doyle.com/index.php?title=Joseph_Bell&oldid=94181 [18.11.2024]

[3] »Der Zauber viktorianischer Literatur« (oder: mein Loblied auf viktorianische und neoviktorianische Literatur) -> https://www.meineleselampe.de/buchtitel/der-zauber-viktorianischer-literatur/

»Doktor Doyle jagt Jack The Ripper« – mein Lese-Exemplar

Bradley Harper, »Dr. Doyle jagt Jack The Ripper«, aus dem Amerikanischen übersetzt von Dorothee Schröder, 300 Seiten, erschienen im Dryas Verlag, 2024.

Der Krimi ist unter anderem erhältlich über die Verlagsgruppe Bedey & Thoms: https://bedey-thoms.de/products/doktor-doyle-ripper

und über

#Anzeige: Der mit einem * gekennzeichnete Link oder ein Link, in dem das Wort Amazon auftaucht, ist ein sogenannter Affiliate Link. Als Amazon-Partner verdiene ich eine Provision, wenn über diesen Link ein Einkauf zustande kommt. Für Dich entstehen dabei keine Mehrkosten. Wo, wann und wie Du ein Produkt kaufst, bleibt natürlich Dir überlassen.

Doktor Doyle jagt Jack The Ripper