„Jane Eyre“, Teil 2 – Einführung

Der viktorianische Roman „Jane Eyre“ stammt aus der Feder der ältesten der schriftstellernden Brontë-Schwestern, Charlotte. Ihr Werk erschien 1847 und war zu jener Zeit heftig umstritten: viele fanden es skandalös, viele bezaubernd.

Es ist die Geschichte der armen, äußerlich unscheinbaren, innerlich jedoch tapferen, moralisch standhaften und auf ihre Art – gemessen an damaligen Gegebenheiten – selbstbewussten Waise Jane Eyre. Sie verliebt sich in den wohlhabenden Gutsherren Mr. Edward Rochester, auf dessen Gut Thornfield Hall sie als Erzieherin seines Mündels Adele arbeitet. Eines Nachts wird sie von unheimlichen Geräuschen geweckt und entdeckt, dass es im Zimmer Rochesters brennt – an dieser Stelle waren wir stehen geblieben in „Jane Eyre“, Teil 1 auf Meine Leselampe.

Mal schauen, wie es weitergeht…….

„Jane Eyre“, Teil 2 – Fortsetzung

Beherzt eilt Jane in das Zimmer, löscht die brennenden Bettvorhänge und berichtet Rochester von den merkwürdigen Geräuschen unmittelbar vor dem Feuer. Rochester bittet sie, kurz zu warten und sich leise zu verhalten, währenddessen werde er dem dritten Stock einen Besuch abstatten. Verstört kehrt er zurück, sagt aber nicht, warum. Er bittet Jane, vor den übrigen Hausgenossen über den Vorfall zu schweigen und bedankt sich sehr bewegt bei ihr, seinem „Schutzengel“. Es scheint, als wolle er noch mehr sagen, hält sich dann aber zurück. (oh, Männer)

Am nächsten Tag wird Rochesters Zimmer von den Dienstboten wieder in Stand gesetzt, Jane sieht dort Grace Poole, die an neuen Vorhänge näht. Für eine Beinahe-Mörderin erscheint sie erstaunlich ruhig und unbeteiligt. Jane versucht sie über den Brand auszuhorchen, doch Grace dreht den Spieß um und befragt Jane, ob sie denn nichts gehört habe. Sie solle des Nachts besser ihre Zimmertür verriegeln, rät Grace der wütenden Jane.

Rochester ist an diesem Morgen nirgends zu sehen. Zur Teezeit erfährt Jane von  Mrs. Fairfax, dass er zu Festlichkeiten in der Nachbarschaft gereist ist. Dort werde auch eine gewisse Blanche Ingram erwartet, eine Schönheit in heiratsfähigem Alter. Das hört Jane nicht gern.

Nach einigen Tagen kehrt Rochester nach Thornfield Hall zurück und bringt die ganze Gesellschaft mit. Es werden fröhliche und lebhafte Tage auf dem sonst so ruhigen Anwesen, die Jane als Gouvernante nicht genießen kann.Von den Gästen wird sie ignoriert oder von oben herab behandelt. Außerdem quält es sie zu sehen, wie vertraut Rochester und Blanche miteinander flirten, von einer Heirat ist auch die Rede.

Etwas Ablenkung bringt ein neuer Gast, den außer Rochester niemand kennt: ein Mr. Richard Mason aus Jamaica.

Eines Nachts wecken lautes Geschrei und Hilfe-Rufe aus dem mysteriösen dritten Stock die Hausbewohner. Nachdem er seine Gäste beruhigt und in ihre Betten geschickt hat, nimmt Rochester Jane mit hinauf in Grace Pooles Domizil. Sie selbst ist nicht zu sehen, aber hinter einer verschlossenen Tür ertönt furchtbares Gelächter. Mason hat eine tiefe, heftig blutende Bisswunde an der Schulter, ist geschwächt und völlig verstört. Jane soll bei ihm wachen – mucksmäuschenstill übrigens – bis Rochester einen Arzt geholt hat. Sobald Mason versorgt wurde, bringt Rochester ihn heimlich aus dem Haus, der Unglückliche soll nach Jamaica zurückkehren.

Jane kommt nicht mehr dazu, mit Rochester über die beunruhigenden Vorfälle zu sprechen, sie wird am nächsten Tag nach Gateshead Hall gerufen. Ihre Tante und frühere Peinigerin, Mrs. Reed, hat einen Schlaganfall erlitten, nachdem ihr Sohn John sich umgebracht hat – die Folgen seines liederlichen und ruinösen Lebenswandels. Rochester verlangt von ihr, nicht zu lange fort zu bleiben. Und Jane wiederum bittet ihn, ihr rechtzeitig das Datum seiner Hochzeit mitzuteilen, damit sie eine neue Stellung suchen und Thornfield Hall verlassen kann.

In Gateshead Hall hat sich nichts verändert, die sterbende Mrs. Reed ist unversöhnlich und ablehnend. Sie gibt Jane lediglich einen mehrere Jahre alten Brief von ihrem Onkel in Madeira. Darin teilt er mit, dass er Jane als seine Erbin einsetzen möchte und ihre Anschrift benötige. Mrs. Reed stirbt, Jane bleibt noch einige Zeit in Gateshead und hilft ihren Cousinen, dann kehrt sie nach Thornfield Hall zurück.

Mr. Rochester hat sie schon erwartet, es kommt endlich zum Heiratsantrag (den wir Leser schon erahnt hatten, denn was sich neckt, das liebt sich ja bekanntermaßen).

Jane kann ihr Glück kaum fassen und beachtet kaum, dass die sonst so gütige und freundliche Mrs. Fairfax recht reserviert wirkt.

Kurz vor dem großen Tag hat Jane einen erschreckenden Traum, in dem sie Thornfield als Ruine sieht. Sie erwacht und ihr Blick fällt auf eine dicke und große Frau – Grace Poole ist es nicht. Die Gestalt zerfetzt ihren Brautschleier, kommt zum Bett und beugt sich über sie. Jane sieht noch eine aufgequollene Fratze, dann fällt sie in Ohnmacht. Als sie Edward davon erzählt, besänftigt er sie und lenkt sie ab.

Einen Tag später treten Jane und Mr. Rochester vor den Altar. Plötzlich tauchen zwei Männer auf und unterbrechen die Zeremonie. Es sind Mr. Mason und ein Anwalt namens Briggs. Und nun klären sich alle sonderbaren Ereignisse auf: seit Jahren ist Rochester mit Bertha, der Schwester Masons verheiratet. Jene Bertha wurde wahnsinnig und wird seitdem im dritten Stock von Thornfield Hall unter Verschluss gehalten. Sie war es, die Mr. Rochesters Bett angezündet, Mason angefallen und Jane in ihrem Zimmer heimgesucht hat. Grace Poole ist ihre Wärterin, leider trinkt sie manchmal zuviel Alkohol und dann kann Bertha entkommen.

Jane Eyre Teil 2

Für Jane ist klar, sie muss Thornfield Hall verlassen, auch wenn Edward sie anfleht, mit ihm ins Ausland zu gehen und dort ehrenhaft und keusch mit ihm zu leben. Heimlich verschwindet Jane und fährt mit der Postkutsche soweit ihr Geld eben reicht.

Sie kommt bis Whitecross, mehr eine Straßenkreuzung denn eine Poststation. Sie erkundigt sich in einem Dorf nach Arbeit, bettelt um Essen, schläft im Wald. Völlig entkräftet und fast verhungert stößt sie endlich auf Moor House.

Hier leben die Geschwister Rivers: Diana, Mary und St. John. Die drei jungen Leute nehmen Jane, die sich als Jane Elliot vorstellt, auf und pflegen sie fürsorglich. Ein Monat zieht ins Land, man hat sich kennen und schätzen gelernt. Die neuen Freunde teilen die gleichen Interessen und haben die gleiche Herzenswärme. St. John, Pfarrer einer kleinen Landgemeinde, bindet Jane in ein soziales Vorhaben mit ein.

Er eröffnet eine kleine Schule für die Kinder armer Leute und Jane soll dort unterrichten. Diana und Mary verlassen nun auch ihr Elternhaus und kehren zu ihren Anstellungen als Erzieherinnen zurück.

Jane ist recht zufrieden mit ihrem neuen Leben, sie sehnt sich natürlich nach Mr. Rochester, weiß aber, das eine Beziehung nicht möglich ist. Eines Abends besucht St. John sie. Er teilt ihr mit, dass er nun ihren wahren Namen „Eyre“ kenne und dass sie mit ihm und seinen Schwestern verwandt sei. Zudem sei sie die Alleinerbin eines gemeinsamen Onkels, jenes Mannes, der nach Madeira auswanderte und dessen Brief Mrs. Reed Jane so lange unterschlagen hatte.

Jane ist fassungslos, sie ist reich und unabhängig! In ihrer Herzensgüte teilt sie ihr Vermögen mit ihren neu gewonnen Cousinen und ihrem Cousin. Diana und Mary müssen nicht mehr als Erzieherinnen arbeiten, sie können statt dessen mit Jane harmonisch zusammen leben.

Nach einiger Zeit macht St. John Jane einen Heiratsantrag, aber nicht aus Liebe!!! Er fühlt sich berufen, als Missionar nach Indien auszuwandern und bittet sie, ihn zu begleiten, da sie die rechte christliche Einstellung habe und seine Arbeit vortrefflich unterstützen könne. Fast ist Jane bereit, aus Vernunftgründen und Respekt vor St. Johns großem Werk „Ja“ zu sagen“, da hört sie – wie aus weiter Ferne – die Stimme Rochesters, die flehentlich nach ihr ruft.

Jane weiß nun, was sie zu tun hat, sie kehrt nach Thornfield Hall zurück. Sie findet nur noch eine Ruine vor, ausgebrannt und verfallen. Doch sie sucht weiter und findet Edward Rochester in einem abgelegenen Jagdhaus, blind und verkrüppelt. Er ist jetzt ein freier Mann, seine wahnsinnige Frau konnte der betrunkenen Grace Poole entwischen und hat das Haus angezündet.

Bei dem vergeblichen Versuch, Bertha aus den Flammen zu retten, wurde Rochester lebensgefährlich verletzt und verlor seine Hand und sein Augenlicht. Jane bleibt bei ihm, sie heiraten. Und das Glück ist den beiden von nun an hold – nach einiger Zeit erholen sich Rochesters Augen etwas und er sieht, dass sein erster Sohn ihm ähnelt.

Nach zehnjähriger Ehe beschließt Jane Eyre ihren Bericht und wir können sie jetzt auch beruhigt verlassen. Sie ist glücklich, erfüllt von ihrem Dasein als Ehefrau und Mutter und von liebevollen Freunden umgeben.

„Jane Eyre“, Teil 2 – mein Fazit

„Jane Eyre“ von Charlotte Brontë ist ein viktorianischer Roman, in dem Moral und Tugend belohnt werden. Deshalb hätte er beim Publikum durchweg gut ankommen müssen, traf er doch in diesen Punkten den Zeitgeschmack. Aber: Jane kam einer Menge LeserInnen zu selbstbestimmt und zu selbstbewusst daher und strenggläubige Christen fanden auch genug zu kritisieren. Biographin und Herausgeberin Elsemarie Maletzke zitiert die Kritik einer Zeitschrift in Diensten der Hochkirche:

»Ein skandalöses Buch, befand der Christian Remembrancer, in dem ständig das arrogante Gemurre gegen Gottes Vorsehung zu vernehmen sei.«

Brontë, Charlotte, Über die Liebe, hrsg. von Elsemarie Maletzke, Frankfurt am Main, 1990, S. 70.

Verdienterweise gab es aber auch viel Lob für das Buch und so liebten und lieben heute noch Millionen LeserInnen „Jane Eyre“. Den Christian Remembrancer dagegen gibt es schon lange nicht mehr…

Wie unterschiedlich doch die Romane der drei Brontë-Schwestern sind! Emilys „Wuthering Heights“ mit der ganzen Wucht unbeherrschter, wahnhafter Leidenschaften, Annes „Agnes Grey“ mit ruhiger Vernunft und Realitätssinn und Charlottes „Jane Eyre“ mit dem Kampf um Liebe, Grundsätze, Verzicht und dem Triumph der Anständigkeit…..

Ich habe auf jeden Fall alle drei Romane gleichermaßen genossen!!!!!

„Jane Eyre“, Teil 2 – mein Lese-Exemplar

Charlotte Brontë, „Jane Eyre“, UT: Die Waise von Lowood, Roman, 270 Seiten, übersetzt von Hertha Lorenz, erschienen vermutlich 1961 im Eduard Kaiser Verlag, Klagenfurt. Den Roman gibt es aber auch in neueren Ausgaben…

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