Vergangene Woche noch in der modernen Welt zu Gast -> https://www.meineleselampe.de/buchtitel/eureka-street-belfast/, reist Meine Leselampe heute in der Zeit zurück – alles literarisch gesehen!!!
Inhalt
„Die Vermessung der Welt“ – eine Einleitung
„Die Vermessung der Welt“ wurde 2005 herausgebracht. Autor Daniel Kehlmann schreibt zum Teil fiktiv, zum Teil historisch belegt, auf jeden Fall witzig und lebendig über das Wirken der Wissenschaftler und Forscher Carl Friedrich Gauss (1777-1855) und Alexander von Humboldt (1769-1859).
Gauss und Humboldt waren schon zu Lebzeiten Superstars und konnten in ihrem Denken und in ihren Ansätzen unterschiedlicher nicht sein…
„Die Vermessung der Welt“ – zum Inhalt
Kränkelnder Misanthrop contra weltmännischen Forscher
Schon ihre Herkunft trennt die beiden Zeitgenossen, Gauß stammt aus einfachen Verhältnissen, Humboldt aus einem reichen Offiziershaus.
Gauß hat früh selbst Familie, Humboldt bleibt allein.
Kehlmann schildert Gauß als kränklich, voller Selbstmitleid, zynisch, ungeduldig und oft schlecht gelaunt, Humboldt als kultiviert, humanistisch, staatsmännisch und von erstaunlicher Konstitution.
(Bild links: OpenClipart-Vectors/Pixabay)
Der eine vermisst die Welt im Kopf, der andere in der Ferne. Gauß beobachtet die naturwissenschaftlichen Grundsätze der Welt zuhause, er entwickelt daraus mit seinem genialen Verstand mathematische, astronomische und physikalische Regeln.
Gauss findet es in der Stube, Humboldt in der Wildnis
Es scheint in Kehlmanns Roman, als flösse die Erkenntnis der Gesetzmäßigkeiten quasi in Gauß hinein, ihm reichen Papier, Schreibtisch und der Blick in den Himmel. Und damit macht er in Braunschweig und Hannover Karriere.
Humboldt dagegen sieht die Natur als Großes und Ganzes, als Schöpfung, die man entdecken muss. Er geht in die Welt hinaus, um die Natur zu fühlen, zu riechen und zu sehen, zu vermessen und zu beschreiben.
Mit dem Franzosen Aimé Bonplant bereist er Süd- und Mittelamerika, besteigt den Chimborazo, leidet unter Höhenkrankheit und Moskitos, sammelt Pflanzen und Tiere, findet die Verbindung zwischen Amazonas und Orinoco.
Choreografisch anmutende Kapitelführung
Den Aufbau dieser so verschiedenen Lebensläufe konzipiert Kehlmann in seinem Roman „Die Vermessung der Welt“ sehr kunstvoll. Am Anfang reist Gauß mit seinem Sohn Eugen zum Deutschen Naturforscherkongress in Berlin und wird dort von Humboldt empfangen.
Von da an schildert Kehlmann in getrennten, abwechselnden Kapiteln Jugend, Entwicklung und Erlebnisse der beiden Wissenschaftler und zeigt dabei ihre Unterschiede in Lebensführung und Forschungsansatz auf.
Im letzten Drittel des Buches führt er die Leser zum Naturforscherkongreß nach Berlin zurück und vereint Gauß und Humboldt in erdachten Gesprächen und Erlebnissen: sie spüren die Last des Alterns, die Flüchtigkeit mancher Erkenntnisse ihrer Zeit und die Bedeutung des Erdmagnetismus.
Dann entlässt Kehlmann die beiden wieder in ihre eigenen Kapitel. Gauß wendet sich daheim dem Magnetismus, der Experimentalphysik zu, Humboldt bricht auf nach Russland zu neuen Vermessungen. Sie bleiben diesmal gedanklich verbunden. Im letzten Kapitel sehen wir Eugen Gauß auf seinem Weg in die neue Welt, in der Humboldt ja schon war: Amerika.
„Die Vermessung der Welt“ – mein Fazit
Manche der Fakten des Buches sind geschichtlich belegt, viele aber auch vom Autor frei erfunden – vermutlich würde das Buch sonst nicht so viel Spaß machen. Kehlmanns Erzähl-Stil ist erfrischend knapp und ohne Schnörkel.
Er schreibt „Die Vermessung der Welt“ in kurzen Sätzen (auch seine langen Sätze sind meist eine Aneinanderreihung kurzer Sätze), auf diese Weise entsteht ein atemberaubendes Lese-Tempo, das Spannung erzeugt: man möchte und muss weiter und weiter und weiter lesen.
Ein wissenschaftlicher historischer Roman, niemals trocken, sehr philosophisch, oft witzig, weltweit gelesen, in mehr als 40 Sprachen übersetzt, mit vielen Preisen bedacht…
… und nicht nur in Humboldts 250. Geburtsjahr eine Lese-Freude!!!!!
(Bild rechts: Katka/Pixabay)
„Die Vermessung der Welt“ – mein Lese-Exemplar
Daniel Kehlmann, „Die Vermessung der Welt“, Roman, 301 Seiten, erschienen 2008 im Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek bei Hamburg, 46. Auflage 2018.
„Die Vermessung der Welt“ – Quellen und Weblinks
- über den Autor -> https://de.wikipedia.org/wiki/Daniel_Kehlmann
- über Humboldt -> https://de.wikipedia.org/wiki/Alexander_von_Humboldt