„Ab die Post“ – Einleitung

„Ab die Post“ ist der dreiunddreißigste Scheibenwelt-Roman von Terry Pratchett, dem leider viel zu früh verstorbenen Großmeister der Fantasy-Literatur und Schöpfer der Scheibenwelt. Auch in dieses Werk bringt er Erfindungen oder Persönlichkeiten aus der viktorianischen Ära ein (natürlich nicht nur!!!).

Um nur einige Beispiele zu nennen: „Dunkle Halunken“ (soziales Elend, Charles Dickens, Henry Mayhew, Robert Peel) -> https://www.meineleselampe.de/dunkle-halunken/, „Toller Dampf voraus“ (die Eisenbahn) oder eben „Ab die Post“ (Briefmarken, Telegrafie). Übrigens: eine Chronologie aller Bücher von Terry Pratchett (und anderer AutorInnen) findet Ihr unter diesem Link -> https://buchreihe.org/autor/terry-pratchett/.

Überhaupt erinnert mich vieles in der Scheibenwelt an die viktorianische Ära, so hat die Hauptstadt Ankh-Morpork durchaus Parallelen zum schmutzigen und zum Himmel stinkenden London des 19. Jahrhunderts („The Great Stink“).

Übrigens: „Going Postal“ bedeutet im Amerikanischen keineswegs etwas Anfeuerndes wie „Ab die Post“, sondern „Amok laufen“ oder „Ausrasten“ (Quelle: wikipedia, siehe unter Quellen und Weblinks). Offenbar gab es in den 80er- und 90er-Jahren in den USA eine Reihe tödlicher Amokläufe von Postangestellten…

Für alle „Feucht von Lipwig“- Fans: „Ab die Post“ ist der erste der drei Scheibenwelt-Romane um Feucht von Lipwig, es folgten „Toller Dampf“ und „Schöne Scheine“ mit ihm.

„Ab die Post“ – über den Autor

Früh übt sich, wer einmal als Meister vom Himmel fallen will – das trifft auf Terence David John Pratchett zu. Schon im Alter von 13 Jahren konnte er eine Kurzgeschichte in der Schülerzeitung veröffentlichen, später erschien sie in einem Magazin.

Geboren wurde Terry Pratchett 1948 in Beaconsfield (Buckinghamshire). Nach der Schule absolvierte er ein Volontariat bei einer Lokalzeitung. 1980 hängte er den Beruf des aktiven Journalisten an den Nagel und wechselte zur „Central Electricity Generating Board“ als Pressesprecher.

Nebenher verfasste Pratchett seine Scheibenwelt-Romane. 1987 hatte er es geschafft, er konnte von seiner Schriftstellertätigkeit seine Familie und sich ernähren.

Denn seit 1968 war Pratchett mit Lyn Marian Purves verheiratet, 1976 bekam das Paar eine Tochter. Erfolgreicher Schriftsteller, glücklicher Familienmensch – leider blieb es nicht so.

2007 schockierte Terry Pratchett seine Fangemeinde mit der Nachricht, er leide an einer seltenen Form der Alzheimer-Krankheit. Doch Pratchett ließ sich nicht unterkriegen. Er schrieb weiter, hielt Vorträge, setzte sich vehement für mehr Gelder zur Erforschung der Demenz und für aktive Sterbehilfe ein.

2009 schlug ihn Queen Elizabeth II. zum Ritter und er durfte sich fortan Sir Terry Pratchett nennen. 2010 wurde ihm ein eigenes Wappen verliehen mit Symbolen aus seiner Scheibenwelt und dem bezeichnenden Wahlspruch: „Fürchte den Sensenmann nicht“. Weitere Auszeichnungen folgten, u.a. für seine großen Verdienste um Jugendliteratur.

Am 12. März 2015 erlag Pratchett seiner Krankheit, er starb viel zu früh im Alter von nur 66 Jahren.

Insgesamt hat uns Terry Pratchett 41 Scheibenwelt-Romane hinterlassen sowie zahlreiche Einzelromane, Geschichten und Serien (z.B. die Johnny-Maxwell-Trilogie), einige hat er gemeinsam mit anderen Schriftstellern verfasst.

„Ab die Post“ – zum Inhalt

Feucht von Lipwig, bisher als Albert Spangler gewandt und erfolgreich als Betrüger und Fälscher tätig, war letzten Endes nicht gewandt genug. Er ist dem Patrizier Lord Vetinari ins Netz gegangen und wird hingerichtet, jedoch nur zum Schein.

Als er wieder zu sich kommt, gewährt ihm Lord Vetinari zwei Möglichkeiten:

Ab die Post

Feucht wird Postminister in goldenem Anzug und mit goldener Flügelkappe, bringt die darnieder liegende Hauptpost Ankh-Morporks auf Vordermann und behauptet sich gegen die Konkurrenz des „Großen Strangs“ oder – das war es für ihn.

(Bild rechts: analogicus/Pixabay)

Klar, dass sich Feucht von Lipwig angesichts einer solchen Alternative für die Post entscheidet, wenn auch ungern und mit Fluchtgedanken im Hinterkopf. Gemeinsam mit seinem Bewährungshelfer, dem Golem Pumpe 19, besichtigt er das heruntergekommene Postgebäude, in dem sich seit Jahrzehnten Millionen nicht ausgetragener Briefe stapeln. Die Stellung halten der in die Jahre gekommene Juniorpostbote Herr Grütze und Postbotenanwärter Stanley, ein begeisterter Nadel-Sammler.

Da die wenigen pensionierten Briefträger in Ankh-Morpork nicht ausreichen, um den Postdienst in Schwung zu bringen, wird Feucht von Lipwig bei Adora Belle Liebherz und ihrer Golem-Stiftung vorstellig.

Die spröde und spöttische Schöne, schwarz gewandet, kettenrauchend und die Armbrust stets griffbereit, gefällt Feucht vom ersten Moment an sehr. Zunächst mietet er von ihr Golems, die seine alten Briefträger beim Zustellen der Post unterstützen sollen. Aber er macht Adora Belle von da an hartnäckig den Hof ungeachtet aller Turbulenzen, die auf ihn warten.

Und Feucht von Lipwig denkt angestrengt nach, wie er das Postwesen rentabel machen könnte und erfindet die Briefmarke. Stanleys Sammlerherz ist fasziniert von den Marken, die man allerdings noch mühsam ausschneiden muss.

Ab die Post

Stanley entdeckt die feine Perforierung an seinen Nadel-Sammel-Blättern und locht nach diesem Vorbild auch die Briefmarkenbögen.

(Bild links: 499585/pixabay)

So schaffen es Feucht von Lipwig und seine Post-Truppe, dass die Briefmarken leicht und schnell aufzukleben sind, darüber hinaus zu einem Zahlungsmittel und zu begehrten Sammlerobjekten werden.

Die Umtriebe des Feucht von Lipwig stören allerdings Reacher Gilt, der das Semaphoren-System „Großer Strang“ betreibt und damit in direkter Konkurrenz zur Post steht. Über die Klacker-Türme werden die Nachrichten telegrafisch und somit sehr schnell übermittelt.

Gilt hatte den „Großen Strang“ mit kriminellen Machenschaften an sich gerissen und die Erfinder- und Betreiberfamilie Liebherz ruiniert. Vermutlich ließ er auch Klaus Liebherz töten. Der Bruder Adora Belles kam durch einen mysteriösen Sturz von einem Klackerturm ums Leben, während er an einem verbesserten Semaphoren-System arbeitete.

Reacher Gilt kassiert zwar hohe Gebühren für seine Dienste, investiert aber nicht in so lästige Dinge wie technische Wartung. So kam und kommt es immer wieder zu Pannen bei der Nachrichtenübermittlung. Was ja egal war, solange man keine umtriebigen Mitbewerber wie Feucht von Lipwig hatte.

Daher hetzt Reacher Gilt seinen Banshee Gryle (s. Quellen) auf den Postminister: das Postgebäude wird in Brand gesteckt und als Feucht von Lipwig den in den Flammen eingeschlossenen Stanley retten will, attackiert ihn der Banshee.

Feucht überlebt den Angriff, sagt nun aber Reacher Gilt den Kampf an. Er wettet mit Gilt, dass er per Postkutsche eine Nachricht zu einem 2000 Meilen entfernten Ziel schneller transportieren wird als die Klackertürme sie übermitteln können. Lord Vetinari mischt sich ein – wenn Feucht von Lipwig die Wette verliert, wird er hingerichtet.

Doch der ehemalige Betrüger ersinnt mit Hilfe von Adora Belle Liebherz, die ja auch noch eine Rechnung mit Reacher Gilt offen hat, und drei Hackern eine List, um den Wettlauf zu gewinnen und Reacher Gilt als Mörder zu entlarven… Geht Feucht von Lipwigs Plan auf?

„Ab die Post“ – mein Fazit

Das fällt heute kurz aber begeistert aus. „Ab die Post“ ist wie alle Scheibenwelt-Romane flott, witzig, überaus originell geschrieben und macht süchtig!

Terry Pratchett lässt die Scheibenwelt bunt, schräg und plastisch vor uns entstehen und wir haben seine Protagonisten „zum Lesen gern“. Schade, dass nie mehr etwas von Terry Pratchett kommen wird.

„Ab die Post“ – viktorianische Bezüge

Postkutschen, wie sie auch Feucht von Lipwig einsetzt, gab es in Großbritannien schon seit 1784. Briefboten (nur Menschen, definitiv waren keine Golems darunter!) nahmen 1783 den Zustelldienst auf.

Ab 1830 wurden die Postkutschen – wenn auch zunächst nur auf einer Strecke – durch die Eisenbahn ersetzt.

1840 führte Rowland Hill im Zuge der Postreform die Briefmarke zum Aufkleben ein, die „One Penny Black“. Und Henry Archer tüftelte – wie Stanley in „Ab die Post“ – die Perforierung der Briefmarken aus, die erstmals 1848 verkauft wurden.

Ab die Post

Solche Briefkästen wurden ab 1853 aufgestellt…und viele stehen heute noch!

(Bild rechts: Peter Holmes/Pixabay)

„Geklackert“ wurde schon früh in Großbritannien, 1844 verbreitete man telegrafisch die Geburt von Queen Victorias Sohn Albert Ernst – mittels dem „Cooke und Wheatstone-Telegrafen“.

Ab die Post

Schon 1837 hatten William Fothergill Cooke und Charles Wheatstone ihren Nadeltelegraphen patentieren lassen. Richtig populär wurde das Telegrafieren nachdem dadurch ein flüchtiger Mörder gefasst werden konnte.

(Bild links: Ray Shrewsberry/Pixabay)

1870 nahm das britische Post Office den telegrafischen Dienst auf – ob das Feucht von Lipwig in „Ab die Post“ auch noch gelingen wird?

„Ab die Post“ – mein Leseexemplar

Terry Pratchett, „Ab die Post“, 444 Seiten (Taschenbuch), übersetzt von Andreas Brandhorst, erschienen 2007 im Goldmann Verlag München.

Sehr gefallen hat mir auch die Verfilmung von „Going Postal“, ich habe die DVD am vergangenen Wochenende angeschaut.

Der Film ist von 2010, Regie führte Jon Jones. Brillant besetzt sind Richard Coyle als Feucht von Lipwig, Charles Dance („Game of Thrones“) als Lord Havelock Vetinari, Claire Foy als Adora Belle Liebherz und David Suchet („Hercule Poirot) als Reacher Gilt. Und alle anderen auch! Turbulent, temporeich und phantasievoll…lohnt sich!!!

„Ab die Post“ – Quellen und Weblinks

Danke für die Pixabay-Bilder an: analogicus, 499585, Peter Holmes, Ray Shrewsberry.

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