Christmas-Pudding

Christmas-Pudding oder auch Plum-Pudding war und ist der Dessert-Höhepunkt des britischen Weihnachts-Dinners und Teil 2 des Viktorianischen Weihnachtszaubers 2020 auf Meine Leselampe.

Teil 1 in dieser Woche war die Buchvorstellung von Louisa May Alcotts „Die Tantenburg“ -> https://www.meineleselampe.de/die-tantenburg/.

Christmas-Pudding – zur Einleitung

Der Christmas-Pudding oder Plum-Pudding ist eine weihnachtliche Tradition in Großbritannien, man kennt ihn – wenn zunächst auch in anderer Zubereitung – seit dem 15. Jahrhundert. Einige Zutaten waren wohl von Anfang an dabei und sind es geblieben: Trockenfrüchte. Die sind mit „plum“ gemeint, Pflaumen kommen gar nicht vor!! Und wie es scheint, wurde schon immer gern und reichlich Alkohol beigefügt.

Gegen Ende des 18. Jahrhunderts wurde der Plum-Pudding zum traditionellen Weihnachtsessen. Ab der viktorianischen Zeit bis heute bildet er als Christmas-Pudding den krönenden Abschluss des britischen Weihnachts-Dinners am Weihnachtstag (in Großbritannien ist der 25. Dezember der Hauptfeiertag), nach einem knusprigen Gänsebraten oder blutigen Roastbeef. Und minced pies mit Cognac-Butter und und…!

Der Christmas-Pudding

An was erinnert Euch der kleine braune Ball links? Mich an eine weihnachtlich geschmückte Kanonenkugel und mit der Meinung bin ich nicht allein, ich habe prominente viktorianische Unterstützung, siehe nachfolgendes Zitat unten.

(Bild links: Prawny/Pixabay)

Den Christmas- oder Plum-Pudding dürft ihr nicht mit dem gleichsetzen, was bei uns als Pudding gilt, er ist nicht cremig-weich-fluffig.

Seine Zubereitung variiert von Rezept zu Rezept: manche werden wie ein Kuchen gebacken, manche wie ein Pudding gekocht, letzteres gilt für den Christmas-Pudding. Leser/innen von Charles Dickens‘ „A Christmas Carol“ wissen es:

„Eine mächtige Dampfwolke! Der Pudding kam aus der Form. Der Geruch! Erst roch es wie an einem Waschtag, es war das Umschlagtuch! Dann aber roch es wie in einem Gasthaus, neben dem ein Konditor wohnt, neben diesem aber wieder eine Wäscherin! Das war der Pudding. […], hart und fest war er wie eine Kanonenkugel, die in einem halben Achtel Rum lodert und von einem Stechpalmzweig gekrönt war.“

Seite160, aus Charles Dickens, „Ein Weihnachtslied in Prosa“ in Weihnachtsmärchen, übersetzt von Karl Kolb und Julius Seybt, Herausgegeben von D.P. Johnson, erschienen 1980 im Magnus-Verlag

Der Stolz der Mrs. Bob Cratchit – ihr Christmas Pudding!! Selbst arme Familien trachteten danach, einen Plum-Pudding zu Weihnachten auf den Tisch zu bringen. Und auch heutzutage ist der Christmas-Pudding nicht wegzudenken.

Bevor wir uns in die Küche begeben zu Mrs. Isabella Beeton, noch ein Hinweis: wenn Ihr keine Zeit oder Geduld für unser Unterfangen habt, macht nichts, es gibt viele moderne und gut nachkochbare Rezepte für Christmas-Pudding, bzw. Plum-Pudding (die findet Ihr z.B. hier -> https://www.england.de/grossbritannien/plumpudding).

Oder Ihr könnt Euren Christmas-Pudding online bei The British Shop oder DerIrlandShop oder bei BritishCornerShop oder GreatBritishFood u.v.m. für ca. 13 bis 19 Euro fix und fertig bestellen (nein, das ist keine bezahlte Werbung, nur ein Tipp unter Freunden).

(Bild rechts: Bremifumi/Pixabay)

Der Christmas-Pudding

Aber wir zelebrieren ja den viktorianischen Weihnachtszauber auf die gemütliche Art und so begeben wir uns in die Welt von „the famous Mrs. Isabella Beeton“ (Ihr kennt sie von drei früheren Posts auf Meine Leselampe, u.a. https://www.meineleselampe.de/mrs-beeton-rezept/).

Very good lautet Isabella Beetons Anmerkung zu ihrem Rezept Nr. 1328 Christmas Plum-Pudding. Na denn…..es geht los.

Christmas-Pudding – das Rezept

Man nehme: 1,5 Pfund Rosinen (ein britisches Pfund sind nicht ganz 500 g, eher 453 g), 0,5 Pfund Johannisbeeren, 0,5 Pfund Orangeat und Zitronat (kandierte Orangen- und Zitronenschalen), 0,75 Pfund Semmelbrösel/Paniermehl (oder altbackenes Weißbrot selbst zerreiben), 0,75 Pfund Rindernierenfett (bei uns schwer zu bekommen, sicher gehen auch Schmalz oder Pflanzenfett, das wäre aber unviktorianisch und unbritisch), 8 Eier und ein Weinglas Brandy (möglich sind auch Rum oder jeglicher hochprozentiger Alkohol).

Die Rosinen halbieren, die Johannisbeeren waschen, von den Rispen streifen und gut trocknen lassen (woher bekam Mrs. Beeton frische Johannisbeeren an der Rispe zu dieser Jahreszeit?), das Rindernierenfett fein zerkleinern (mmmmh!), die kandierten Orangen- und Zitronenschalen in feine Stückchen schneiden (gibt es ja heute schon fertig zu kaufen), das getrocknete Weissbrot zerreiben (oder eben Paniermehl nehmen). Diese Zutaten miteinander vermischen, die acht Eier verquirlen und in die trockene Mischung einrühren, Brandy hinzugeben und alles sehr gut und fein verrühren.

Die spezielle Puddingform (oder eine Backform für einen Gugelhupf) buttern, die Puddingmasse hineingeben und mit einem bemehlten Tuch vorsichtig fest drücken. Habt ihr keine geeignete Backform, kein Problem, Mrs. Beeton schreibt, man könne den Pudding auch im Tuch kochen, ohne Form. An der Garzeit verändere das nichts. Auf jeden Fall würde ich das Tuch mit Bindfäden zuschnüren.

Dieses Pudding-Form-Tuch-Konstrukt wird jetzt für 5-6 Stunden im Wasserbad gekocht…. Danach hängt Mrs. Beeton den Pudding zum Trocknen auf (vermutlich nur im Tuch?), mit einer Schale darunter, die das heraustropfende Wasser auffangen soll. Vielleicht geht es auch mit einem Kuchengitter, ohne Hängen…..

So, jetzt darf der Christmas Pudding bis zu seinem großen Tag kühl ruhen. Vor dem Dinner wird der Pudding in einer Form nochmals zwei Stunden in heißem Wasser gekocht. Dann wird der Pudding mit einem Stechpalmzweig dekoriert, um ihn herum Brandy gegossen und beim Servieren effektvoll flambiert!!!

Guten Appetit…

Der Christmas-Pudding
Es ist angerichtet… (Bild oben: Gordon Johnson/Pixabay)

Am besten macht man gleich einige dieser anscheinend lang haltbaren Puddinge (klingt seltsam, ist aber der korrekte Plural von Pudding), den einen für den 25. Dezember, die anderen können bis in den März hinein auf Festlichkeiten serviert werden oder als Notreserve für unerwartete Gäste aufgehoben werden, schlägt Isabella Beeton vor. Traditionell wird der Christmas-Pudding am „Stir-Up-Sunday“, dem letzten Sonntag vor dem 1. Advent zubereitet (in diesem Jahr war das der 22. November) oder am 1. Advent oder einige Tage vor dem 25. Dezember.

Der Kostenpunkt für die Köstlichkeit lag damals bei vier Shilling. Die geeignete Puddingform (wie auch andere Küchen- und Servierutensilien) fand man in viktorianischen Tagen laut Isabella Beeton bei Messrs R. & J. Slack, 336 Strand, London (Slacks antike Haushaltsgeräte werden heute noch auf Auktionen gehandelt oder man findet sie in Antiquitätengeschäften).

In meinem Lese-Exemplar listet Mrs. Beeton insgesamt sieben Plum-Pudding-Rezepte auf, für Kinder, für Groß und Klein, gebacken, gekocht, mal mit, mal ohne Eier, Nüsse, Zucker, Milch, Kokosraspeln. Doch Nr. 1328 ist definitiv ihr Rezept für den Weihnachts-Plum-Pudding, den Christmas-Pudding.

Christmas-Pudding – mein Fazit

Da ich um alles einen Bogen mache, das Orangeat, Zitronat, Rosinen oder Sultaninen enthält, von Ingredienzien wie Rindernierenfett will ich gar nicht erst sprechen, ist der Plum-Pudding für mich gewiss nicht als Gaumenfreude geeignet. Probieren würde ich ihn trotzdem mal, aus sachlichem Interesse. Backen kann ich auch nicht, vielleicht bestelle ich mal einen… Aber ich liebe diese alten Rezepte, ich liebe neue Rezepte, ich liebe Kochshows und ich liebe die Bilder von all dem leckeren Essen. Und Essen und Naschen gehört in die Adventszeit und zu Weihnachten. Seien wir dankbar, dass wir genießen dürfen und können.

Christmas-Pudding – mein Lese-Exemplar

Der Christmas-Pudding

Isabella Beeton, “Mrs Beeton’s Household Management”, UT: “A classic of domestic literature”, 1109 Seiten, 2006 neu herausgegeben von Wordsworth Edition Limited, Ware, Hertfordshire.

Links seht Ihr mein Buch, eine recht moderne Ausgabe… Der Inhalt ist jedoch viktorianisch.

Als Übersetzungshilfe dienten der “Oxford Advanced Learner’s Dictionary” und Langenscheidts Fremdwörterbuch Englisch-Deutsch.

Christmas-Pudding – einige Links

Christmas-Pudding – Literaturtipps

Pen Vogler (eine begeisterte Köchin) schreibt Artikel über Lebensmittelgeschichte, arbeitet für BBC-Sendungen historische Rezepte aus der georgianischen und viktorianischen Zeit filmisch auf und berichtet darüber auf ihrem Blog -> http://greatfoodclub-blog.tumblr.com/).

Passend zur Jahreszeit und zum Thema Christmas-Pudding empfehle ich Euch Pen Voglers „Christmas with Dickens“, 64 Seiten, CICO-Books, London, 2018. Und sie hat auch „Dinner with Dickens“ verfasst, 176 Seiten stark, 2017, CICO-Books, London.

Feinschmecker Charles Dickens selbst erwähnt den weihnachtlichen Plum-Pudding in „Ein Weihnachtslied in Prosa“, siehe Zitat oben.

Auf dem Bild rechts übrigens eine modern-elegante Variante des Christmas-Pudding (Bild dazu von Linda Tacey/Pixabay).

Christmas-Pudding

Anthony Trollope soll als Erster den Plum-Pudding als Christmas-Pudding bezeichnet haben, in „Dr. Thorne“ (1858), dem dritten Band der Barchester-Chronik (übersetzt von Harry Kahn, Manesse-Verlag Zürich, 1954). Gibt es auch als DVD oder Blue-Ray, vorgestellt auf https://www.histo-couch.de/magazin/film-kino/doctor-thorne/.

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