„Bleak House“ / DVD-Tipp (2005)

von | 19.05.2020 | DVD-Tipp

Den Charles Dickens-Roman „Bleak House“ habe ich gelesen und auf Meine Leselampe vorgestellt. Danach habe ich mir die BBC-Verfilmung von 2005 gegönnt – auf DVD.

Und wie ich es befürchtet hatte, fängt die BBC-Serie nicht genau die Stimmung in Dickens Roman ein – kein Wunder angesichts der Komplexität der literarischen Vorlage!!

Nicht ganz so schauerlich wie der Roman

„Bleak House“ – über die DVD

Ich bin generell ein großer Fan der BBC-Produktionen, sie haben Hand und Fuß und sind qualitativ hochwertig. Das trifft auch auf die 15-teilige Serie „Bleak House“ zu, doch diesmal fehlte mir etwas, es hätte eine kleine „Prise“ Dickens mehr sein können.

„Bleak House“ ist spannend, kompakt gedreht und auch gelungen gekürzt, doch die grau-nebelige Atmosphäre der Bedrückung, der Stagnation und des Elends kommen nicht so recht rüber, finde ich. Und genau die sind ein wichtiger Teil der Kritik des Charles Dickens an den sozialen, juristischen und politischen Missständen der viktorianischen Zeit.

Die Schauspieler sind hervorragend (Gillian Anderson aus „Akte X“ oder Charles Dance aus „Game of Thrones“ oder „Gosford Park“, Nathaniel Parker u.a. bekannt als“Inspector Lynley“ oder in einem ganz kurzen Auftritt Catherine Tate, die „Donna“ von „Dr. Who“), treffen optisch jedoch nicht immer das Groteske der Dickens-Figuren.

Der Fairness halber möchte ich sagen, dass es kaum möglich ist, gesund ernährte und körperlich fitte Darsteller äußerlich umzustylen in von Gier oder Elend derart verzerrte, klapperige Grusel- oder Jammergestalten.

Und so ist denn auch die kleine verrückte Miss Flite eine niedliche Bilderbuch-Oma aus viktorianischer Zeit, der hungrige Straßenkehrerjunge Jo mit dem schlottrigen Gang ein recht gut genährter „Bub“ mit runden Backen. Crook, der „Lordkanzler“, bei Dickens eingetrocknet und bleich wie ein Leichnam, wird in der Serie untersetzt und rotgesichtig dargestellt.

Großvater Smallweed hat gelbe Zähne, struppige weiße Haare und will auch immer geschüttelt werden, er ist jedoch nicht der geschrumpelte, zappelnde, in die Luft krallende Greis. In Tulkinghorn „wohnt kein grauer Nebel“, er ist kein unauffälliger Mann des Hintergrundes, sondern eher ein arroganter, kalter und mitleidsloser Macher.

Den Figuren, die sich in meiner Phantasie beim Lesen herausgebildet haben, kommen die DarstellerInnen von Mylady Dedlock, Esther, Ada und Richard, John Jarndyce oder Mr. Guppy am nächsten.

Gut gewählt, gut ausgeleuchtet und eingerichtet sind die Schauplätze: Chesney Wold dunkel und kühl, Bleak House behaglich und verspielt, das Oberste Kanzleigericht düster und beengt.

Der Prozess „Jarndyce gegen Jarndyce“ nimmt im Film nicht die Dickens`sche Gewichtung ein, seine zerstörerische Wirkung auf die Schicksale von Generationen Prozessierender tritt nicht so ausgeprägt in den Vordergrund wie in der Roman-Vorlage.

Der Roman „Bleak House“ mit über 1000 Seiten hat eine filmische Länge von 480 Minuten, aufgeteilt in eine Pilot-Folge von einer Stunde Länge und 14 Episoden von je einer halben Stunde Spielzeit. Und jede Folge endet so, dass man gleich die nächste sehen möchte.

„Bleak House“ – mein Fazit zur DVD

Die BBC-Serie „Bleak House“ über den gleichnamigen Roman des viktorianischen Schriftstellers Charles Dickens ist fesselnd, dicht, mit beeindruckenden Bildern und fängt das viktorianische Lebensgefühl gut ein. Man taucht in die Zeit hinein und kann sich am Ende der Folge nur schwer lösen – wie gesagt, am besten gleich weitergucken……….

Doch die Seele des Romans fehlt: das bestürzend Groteske der Charaktere, die überspitzte Karikatur juristischer Abläufe oder des „eingefrorenen“ Adelsstandes in Anpassung an Natur und Wetter (Nebel, Schnee und Regen als Rahmen für und Hinweis auf die Dramatik des Geschehens), eben genau die Mittel, die Dickens für seine Kritik an den Missständen einsetzte.

Aber es ist sehr gut gemachte Unterhaltung für die ganze Familie und ein ansprechender Lese-Ersatz für diejenigen, denen der Roman gleich beim Einstieg zu kompliziert erscheint.

Ich habe die Mini-Serie „Bleak House“ von der BBC sehr gern angeschaut, trotz meiner persönlichen Kritikpunkte.

„Bleak House“ – meine DVD

„Bleak House“ (nach dem gleichnamigen Roman von Charles Dickens), DVD, 2013 BBC Worldwide Limited, 480 Minuten Laufzeit, 15 Episoden, Regie Justin Chardwick/Susanna White, kostet knapp 30,- Euro.

„Bleak House“/DVD – Quellen und Weblinks

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Bleak House