George Eliot, wie war sie? Für diesen Artikel habe ich einige Quellen benutzt, wirklich näher an den Menschen George Eliot herangebracht hat mich Elsemarie Maletzke mit ihrer George-Eliot-Biographie.

„Ein weiblicher Shakespeare“ – „Eine Stinkbombe der Menschheit“ – so zitiert Maletzke gleich zu Beginn ihrer Biographie (Seite 9, siehe 1 unter Quellen und Weblinks) die extremen Meinungen viktorianischer Zeitgenossen über Eliot. Das verheißt ein umfassendes Bild der vielschichtigen und widersprüchlichen Frau und Autorin. Und das liefert Elsemarie Maletzke auch, mehr dazu unter Mein Lese-Tipp, ganz unten.

George Eliot – eine Einführung

Die Biographie George Eliots ist der Blick auf den Lebenslauf einer erstaunlichen Frau. In der viktorianischen Zeit führte sie ein außergewöhnliches Leben – die überaus emanzipierte und gebildete Schriftstellerin George Eliot, die ich heute auf Meine Leselampe vorstelle. Sie war keine schöne Frau und auch ihre Werke stießen oftmals auf geteiltes Echo. Und doch faszinierte sie viele ihrer Zeitgenossen. Männer wie Frauen fühlten sich von ihr angezogen. Sie selbst bevorzugte männliche Gesellschaft.

george eliot

George Eliot wurde 1819 in Arbury in der Grafschaft Warwickshire geboren, sie starb 1880 in London.

Ich verwende in diesem Artikel durchgehend den Künstlernamen George Eliot, obwohl sie erst ab 1857 unter diesem Pseudonym veröffentlichte.

Ursprünglich hieß sie Mary Anne Evans. Nach dem Tod der Mutter kürzte sie ihren Namen ein zu Mary Ann, später nannte sie sich Marian. Laut Elsemarie Maletzke hatte sie sich sieben Namen im Laufe ihres Lebens zugelegt, die Maletzke in ihrer Biographie auch in den jeweiligen Lebensphasen verwendet.

George Eliot – kurze Biographie

Die Tochter des Gutsverwalters Robert Evans und seiner zweiten Frau wuchs in Griff House in der Nähe von Coventry auf. George Eliot erhielt eine streng religiöse Schulausbildung, sie besuchte zwei verschiedene Institute für junge Damen, alles in allem eine freudlose und einsame Zeit.

George Eliot war sehr intelligent und belesen. Als sie nach dem Tod ihrer Mutter den Haushalt führen musste, bildete sie sich selbst weiter, unterstützt von ihrem Vater. Später sah er in ihr nurmehr seine Gesellschafterin und Krankenpflegerin. Besonders hing sie an ihrem älteren Bruder Isaac, was nicht auf Gegenseitigkeit beruhte.

Schon von Haus aus religiös erzogen, wurde die 15-jährige George Eliot durch eine ihrer Lehrerinnen zur Anhängerin des Evangelikalismus, einer sehr bibeltreuen und strengen Strömung des Anglikanismus. Doch das sollte sich wenige Jahre später radikal ändern.

Ab 1841, George Eliot war mit ihrem Vater von Griff House in seinen Ruhestandssitz Bird Grove in einem Vorort von Coventry umgesiedelt und machte erste, unbezahlte Gehversuche als Journalistin und Übersetzerin (u.a. D. F. Strauß: Das Leben Jesu), wandte sie sich eine Zeit lang dem liberalen Freidenkertum zu. Beeinflusst wurde sie hierbei von Charles und Cara Bray und deren Bekanntenkreis.

Nach dem Tod ihres Vaters, den sie bis zuletzt betreut und gepflegt hatte, konnte George Eliot ein recht freies Leben führen – gemessen an den Maßstäben der prüden viktorianischen Zeit. Mit zunehmendem Alter sollte sie sich wieder mehr den konservativen Standpunkten des Vaters und ihrer Jugendzeit zuwenden, obwohl sie mit einem verheirateten Mann zusammenlebte.

Mit Freunden reiste George Eliot durch Europa, lebte eine Zeit lang in Genf und zog dann nach London, wo sie als Redakteurin und Kolumnistin arbeitete. Sie hatte kurze Affären mit oder zumindest innige Bindungen zu verheirateten Männern, lernte viele Geistesgrößen und Prominente ihrer Zeit kennen wie Dickens, Thackeray, Trollope oder Florence Nightingale und traf endlich die Liebe ihres Lebens… George Henry Lewes.

Mit dem verheirateten Redakteur, Theater- und Kulturkritiker, Herausgeber, Schriftsteller und Hobby-Naturwissenschaftler lebte Eliot seit 1854 in wilder Ehe. Dieses „schlamperte“ Verhältnis führte zum Bruch mit ihrem Bruder Isaac und der Familie und brachte dem Paar viel Kritik und Schmähungen seitens der viktorianischen Gesellschaft ein.

So ungerecht war die Zeit: Lewes hatte seine Frau Agnes als Erster betrogen (bevor er George Eliot kennenlernte) und ein uneheliches Kind gezeugt. Agnes revanchierte sich, sie brachte gleich mehrere uneheliche Kinder zur Welt. Doch die gesellschaftlich Verfemte war und blieb George Eliot, Lewes konnte nach ein paar Jahren in den besseren Kreisen wieder Boden gut machen.

George Eliot legte wenig Wert auf gesellschaftlichen Trubel, das Zusammensein mit Lewes erfüllte sie, ihre gegenseitige Liebe inspirierte sie.

george eliot

George Eliot begann Romane, Kurzgeschichten, Gedichte und Essays zu schreiben, die sie unter ihrem Künstlernamen veröffentlichte. Ihr Lebenspartner George unterstützte und förderte ihr literarisches Schaffen, hielt böse Kritiken von ihr fern und ernannte sie zur Madonna. Sie stand im Mittelpunkt seines Lebens, selbst als er von seiner Krankheit gezeichnet war. So wundert es nicht, dass George Eliot nach Lewes Tod 1878 ihre Laufbahn als Autorin beendete.

Kurz nach dem Ablauf des Trauerjahres 1880 heiratete George Eliot, die ohne einen Mann nicht mehr gut zurechtkam, dann doch noch: ihren vertrauten und 20 Jahre jüngeren Freund John W. Cross. Viele spotteten über diese Verbindung mit dem rothaarigen Bankier, jedoch Isaac Evans stimmte der Ehestand seiner Schwester versöhnlich, er schrieb ihr einen Brief. Aber noch einmal gesehen und miteinander ausgesprochen haben sich die beiden nicht. Lediglich an Eliots Beerdigung nahm Issac Evans teil.

Datei: Eliot George grave.jpg

George Eliot starb am 22. Dezember 1880 – vermutlich hatte eine Erkältung ihr Herz angegriffen. Sie wurde in London beigesetzt.

(Bild rechts: gemeinfrei, vom Autor auf Wikimedia freigegeben)

George Eliot – das Werk

George Eliot gehört nach Meinung der Literaturwissenschaft zu den bedeutendsten Schriftstellerinnen der viktorianischen Zeit. In ihre Romane lässt sie ihre philosophischen und moralischen Anschauungen einfließen, sie wollte mit ihrer Literatur die Menschen läutern und bessern.

Die Handlungen spielen oft in Provinzstädten in Mittelengland, kritisch beleuchtet George Eliot Moral und Standesdünkel der dortigen Gesellschaft, in deren Enge sie ja selbst aufgewachsen war. Eine Frauenrechtlerin oder politische Revoluzzerin war sie jedoch nie.

Für ihre Werke recherchierte sie akribisch in Bibliotheken und vor Ort auf ihren Reisen mit Lewes, die vielen gewonnenen Informationen führten auch zu einer gewissen intellektuellen Überfrachtung der Texte – oder zu skurrilen Ansichten. Ein Zitat von ihr über uns „bratwurstessende“ Deutsche möchte ich Euch nicht vorenthalten, ich musste so lachen:

„Die Deutschen (…) sind im Gegensatz zu uns zwar außerordentlich minderwertig, was den schöpferischen Intellekt und ihre Lebensart angeht, aber sie verstehen es besser, in dieser ihrer beschränkten Art, das Leben zu genießen.“

Seite 141, siehe 1 unter Quellen und Weblinks

Tja….da haben wir unser „viktorianisches Fett“ wegbekommen!!!

Auf Meine Leselampe findet Ihr die Rezension zu „Die Mühle am Floss“ (1860) unter diesem Link -> https://www.meineleselampe.de/die-muehle-am-floss/.

Es ist George Eliots insgesamt zweiter Roman und zählt wie das Jahre später erschienene „Middlemarch“ -> https://www.meineleselampe.de/middlemarch/ (1871-72) zu ihren bedeutendsten Werken.

Unbedingt lesen möchte ich noch ihre Romane „Adam Bede“ (1859), „Silas Marner“ (1861), „Romola“ (1862-1863), „Felix Holt – der Radikale“ (1866). Und „Daniel Deronda“ (1876), in dem Eliot sich gegen den latenten Antisemitismus ihrer Landsleute für das Judentum einsetzt.

George Eliot – Quellen und Weblinks

  1. Elsemarie Maletzke, „George Eliot“, Biographie, 390 Seiten, Taschenbuch, erste Auflage 1997, Insel Verlag Frankfurt am Main und Leipzig
  2. Eva-Maria König, Nachwort zu und in „Die Mühle am Floss“, ab Seite 739, Reclam Verlag 1983
  3. Knaurs Lexikon der Weltliteratur, Droemer Knaur 1979
  4. Hans-Dieter Gelfert, „Kleine Geschichte der englischen Literatur“, Verlag C.H.Beck, 2005
  5. https://de.wikipedia.org/wiki/George_Eliot
  6. https://www.fembio.org/biographie.php/frau/biographie/george-eliot

„George Eliot“ – mein Lese-Tipp

Wer mehr über das außergewöhnliche Leben George Eliots erfahren und in die Tiefe gehen möchte, dem empfehle ich die Biographie von Elsemarie Maletzke „Georg Eliot“. Wie bei George Eliots Werken muss man sich bei Elsemarie Maletzke einlesen, denn sie bombardiert uns mit einer Fülle an Daten, Persönlichkeiten, Ereignissen und Gefühlen, dadurch entsteht aber auch ein dreidimensionales Porträt.

Wir lesen über Eliots eigene Wahrnehmung, wir sehen sie durch die Augen ihrer WegbegleiterInnen und KritikerInnen und erfahren zugleich, wer und wie diese Personen waren. Nach einer kurzen Eingewöhnungsphase hat mir der Stil Maletzkes sehr gut gefallen.

Sie nimmt lebhaften Anteil an George Eliot und beobachtet deren Befindlichkeiten und innere Wandlungen genau. Die kurze Meine Leselampe-Biographie beschreibt sozusagen nur das Skelett Eliots, Elsemarie Maletzke liefert Muskeln, Sehnen, Herz, Hirn, Fleisch, Haut und ja, auch Seele.

Ich bin der hässlich-schönen, konservativ-liberal-reaktionären, starken und scheuen George Eliot innerlich näher gekommen. Wirklich eine umfassende und persönliche Biographie – beeindruckend!!!

Danke für das „Born-Died“-Pixabay-Foto, Andrew Martin, an David Hanks für die Mühle und danke an den unbekannten Fotografen des Eliot-Grabmales für die Nutzungs-Freigabe auf Wikimedia Commons. Der Rest ist von mir…

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